Hintergrund zur wissenschaftlichen Ausbildung und den Überzeugungen von Martin Ehlers
Der holsteinische Teil Schleswig-Holsteins gehörte bis 1806 zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. So wurde Martin Ehlers am 6. Januar 1732 zwar in Nortorf nördlich von Neumünster geboren, wurde jedoch dänisch sozialisiert, weil mit dem Vertrag von Ripen (2. März 1460) der dänische König Christian I. (1426-1481) als Graf von Oldenburg zum gemeinsamen Oberhaupt beider Staaten gewählt wurde.
Alle Menschen sind Zwerge auf den Schultern von Riesen. Martin Ehlers studierte 1754-1756 in Kiel und 1757-1760 in Göttingen Theologie und Philosophie bei Johann Matthias Gesner (1691-1761), der in seinen Vorlesungen auf der Grundlage seiner humanistischen Überzeugungen schon auf den Reformbedarf im damaligen Schul- und Universitätsunterricht hinwies. Mit der überaus von Optimismus geprägten Einstellung, die Fähigkeit der Menschheit, mit Bildung zu einer besseren Existenzform zu führen, war er an der 1734 frisch gegründeten Universität in Göttingen als großer Bücherliebhaber nicht nur der erste Professor geworden sondern auch der Bibiotheksdirektor. In dieses positive Bildungsklima hinein kam Martin Ehlers als Student.
In seiner Zeit als Rektor der Lateinschule in Segeberg (Bad Segeberg in Schleswig-Holstein) von 1760-1768 verfasste er 1766 seine "Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen" auf 330 Seiten, ein umfassendes Reformprogramm. Im deutschsprachigen Raum formulierte er damit wohl als erster Pädagoge die Idee, dass die Erziehung der Kinder durch den Staat zu erfolgen habe. Eine Professionalisierung des modernen Schulwesens war aus seiner Sicht nur mit einer Säkularisierung bei der Ausbidlung der Lehrkräfte möglich. Einer seiner Schüler war Ernst Christian Trapp (1745-1818), der als späterer Lehrer und Schulleiter 1778 der erste Inhaber eines Lehrstuhls für Pädagogik an der Universiät Halle wurde.
Die Kirche war somit oft ein Widersacher der aufkommenden Pädagogik in der Zeit der Aufklärung. Dabei ging Martin Ehlers gar bei seinen Gedanken von einer pietistischen Grundhaltung aus, einer ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufkeimende Frömmigkeitsbewegung. Der Pietismus setzt sich für einen vom Individuum bewusst zu gestaltenden persönlich aus- und vorzulebenden, lebendigen christlichen Glauben ein und kommt damit dem von Immanuel Kant (1724-1804) formulierten aufklärerischen Aufrufes nah, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen, um aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszukommen.
Immanuel Kant (1724-1804), deutscher Philisoph der Aufklärung
Der Pietismus spricht von einer "inneren Verwandlung", einer Art "Wiedergeburt" eines Menschen, der dann so von Gottes Botschaft ergriffen und ausgefüllt ist, dass er getragen von dieser christlichen Überzeugung als Glied der Gesellschaft bestrebt ist, Gutes zu tun und "Werke der Liebe" anzustreben. Immauel Kant erwähnt Martin Ehlers in seinen Schriften, wo es um die Freiheit des Willens geht, das Vermögen des denkenden Wesens, nach seiner "jedesmaligen Ideenlage" handeln passend zu können. Für Martin Ehlers ist nicht die kirchliche Autorität entscheidend, die die Spielregeln des Miteinanders moralisch vorgibt, sondern der sich selbstbewusst für die Sittlichkeit seiner Handlungen einsetzende Mensch. Vor diesem Hintergrund sind seine hier zusammengefassten Ausführungen zu verstehen und in den Kontext der Aufklärung zu stellen sowie als Rechtfertigungsversuch gegenüber kirchlichen Institutionen zu begreifen.
Spannungsverhältnis zwischen "gut" und "böse", "richtig" und "falsch", was ist sittlich, moralisch korrekt?
Martin Ehlers: „Sittlichkeit der Vergnügungen“
Martin Ehlers' "Sittlichkeit der Vergnügungen" (formuliert 1778, erschienen 1779, in einer zweiten Auflage überarbeitet 1790) ist eine detaillierte Untersuchung über die moralischen und ethischen Implikationen von Vergnügungen im menschlichen Leben. Das Werk ist in zwei Teile gegliedert und behandelt in insgesamt 28 Betrachtungen verschiedene Arten von Vergnügungen sowie deren sittliche Bewertung. Ehlers analysiert dabei die Rolle von Vergnügungen im täglichen Leben und gibt eine Vielzahl von moralischen Richtlinien zur Orientierung, die aus seinem Blick auf den Humanismus, den Protestantismus mit seinen pietistischen Ausprägungen sowie dem Zeitgeist der Aufklärung entstanden sind.
Erster Teil:
Erinnerung an die Zuhörer:
Ehlers beginnt mit einer persönlichen Ansprache an seine Zuhörer, indem er betont, dass die Frage der Sittlichkeit der Vergnügungen alle Menschen betrifft. Er spricht von der allgegenwärtigen Rolle der Vergnügungen im Leben und unterstreicht die Bedeutung, diese im Lichte der Moral zu reflektieren.
Erste Betrachtung: "Übereinstimmende Endzwecke":
Ehlers geht in dieser Betrachtung der Frage nach, ob es einen einheitlichen Endzweck im menschlichen Leben gibt, der alle Handlungen, einschließlich der Vergnügungen, leiten sollte. Er stellt fest, dass das höchste Ziel des menschlichen Lebens in der Tugendhaftigkeit und der moralischen Vervollkommnung liegt. Vergnügungen sind nicht an sich verwerflich, sondern müssen in den Dienst dieses höheren Ziels gestellt werden. Der Wert eines Vergnügens hängt davon ab, ob es diesem Endzweck dient oder ihm entgegenwirkt. Der Endzweck sei ausschlaggebend für die folgenden Handlungen.
„Die Erfahrung zwingt uns wenigstens zu bekennen, daß keine Wissenschaft gelehrt, keine Kunst geübt, und selbst keine Art der Arbeit unternommen wird, wo wir nicht eine Menge Menschen finden, die bey dem Endzwecke, der ihnen eigen ist, vergessen, an die Übereinstimmung zu gedenken, worin ihre Absicht mit anderen und zum Theil höheren Endzwecken stehen soll. Und nirgends ist, glaube ich, mehr hierin gesündigt, als in der Sittenlehre und in dem Umfange der Wissenschaften und Künste, welche für das Vergnügen der Menschen sorgen. ... Jener Endzweck lenke also auch jede Handlung der Menschen, und die allgemeine Richtschnur, wonach sie urteilen.“ (Ehlers 1779a, S.17)
Zweite Betrachtung: "Welche Behutsamkeit hätte der Sittenlehrer zu beobachten":
In dieser Betrachtung untersucht Ehlers die Rolle des Sittenlehrers. Dieser sollte mit besonderer Behutsamkeit vorgehen, wenn er über Vergnügungen urteilt, da diese einen zweischneidigen Charakter haben können. Ehlers argumentiert, dass der Sittenlehrer sich seiner eigenen Vorurteile bewusst sein und versuchen sollte, differenziert und umsichtig zu bewerten. Vergnügungen können sowohl zur Tugendhaftigkeit beitragen als auch moralischen Schaden anrichten, je nachdem, wie sie genossen werden.
Dritte Betrachtung: "Was ist überhaupt gut und recht":
Ehlers nähert sich hier einer philosophischen Grundfrage: Was ist gut und recht? Er definiert das Gute, als das, was im Einklang mit der Sittlichkeit steht, und das Rechte als das, was den moralischen Prinzipien entspricht. Vergnügungen, so betont Ehlers, müssen anhand dieser Kriterien bewertet werden. Es genügt nicht, dass etwas subjektiv angenehm ist; es muss auch objektiv sittlich gut sein, um moralisch vertretbar zu sein.
Vierte Betrachtung: "Alles wird mehr entwickelt":
In dieser Betrachtung vertieft Ehlers seine Analyse, indem er die Natur der menschlichen Vergnügungen weiterentwickelt. Er zeigt auf, dass Vergnügungen, wenn sie richtig verstanden und genutzt werden, einen Beitrag zur menschlichen Vervollkommnung leisten können. Dabei betont er die Wichtigkeit von Reflexion und Selbstdisziplin, um zwischen sittlich guten und schlechten Vergnügungen zu unterscheiden.
Fünfte Betrachtung: "Ein Blick über das menschliche Leben und daher zu nehmende Maßregeln":
Ehlers nimmt hier einen umfassenden Blick auf das menschliche Leben und leitet daraus allgemeine Maßregeln ab, wie man mit Vergnügungen umgehen sollte. Er zeigt, dass das Leben voller Versuchungen ist und dass der Mensch stets in Gefahr läuft, sich in übermäßigen Vergnügungen zu verlieren. Die Maßregeln, die er vorschlägt, beinhalten die Mäßigung, die Rücksicht auf andere und die Selbstbeherrschung, um moralisch auf dem richtigen Weg zu bleiben. Die sogenannte „goldene Mitte“ soll angestrebt werden. Übermaß und Mangel bringen langfristig negative Folgen mit sich.
Sechste Betrachtung: "Man betrachtet das Recht der Sitten":
Ehlers untersucht das moralische Recht, das der Sittenlehre zusteht, Vergnügungen zu regulieren. Er argumentiert, dass die Sittenlehre auf universellen moralischen Prinzipien basiert und daher das Recht hat, das Verhalten der Menschen zu lenken. Dabei geht er auf die notwendige Abwägung zwischen persönlicher Freiheit und sozialer Verantwortung ein und betont, dass die sittlichen Prinzipien im Interesse des Gemeinwohls angewendet werden sollten. Im Verlauf des Werkes begründet Ehlers, warum es notwendig ist, einige Vergnügungen durch Rechtsprechung zu verbieten oder zu regulieren. Nicht alle Vergnügungen seien ohne Bedenken zu genießen.
Siebte Betrachtung: "Sittlich Gutes und Böses":
In dieser Betrachtung geht Ehlers detailliert auf die Unterscheidung zwischen sittlich gutem und bösem Verhalten ein, insbesondere in Bezug auf Vergnügungen. Er argumentiert, dass es bestimmte Vergnügungen gibt, die von Natur aus schlecht sind, weil sie dem moralischen Gesetz widersprechen oder anderen Menschen schaden. Andere Vergnügungen können sittlich gut sein, wenn sie im Rahmen der Tugendhaftigkeit genossen werden. Entscheidend ist das Maß und der Kontext, in dem das Vergnügen erlebt wird.
"So sieht man, daß der höchste allgemeine Vortheil den höchsten Privatvortheil überhaupt in sich faßt. Indem also alle aufs gemeine Wohl sehen: so bewirken sie das Ihrige genau nach dem Maaß." (S. 67)
Achte Betrachtung: "Einige praktische Regeln zur Anwendung":
Hier bietet Ehlers praktische Regeln an, um Vergnügungen im täglichen Leben sittlich zu genießen. Diese Regeln umfassen unter anderem die Mäßigung im Genuss, die Vermeidung von Vergnügungen, die zu Laster oder moralischer Schwäche führen, und die Rücksichtnahme auf das Wohl anderer. Ehlers betont, dass jeder Mensch diese Regeln auf sein eigenes Leben anwenden muss, um ein sittlich gutes Leben zu führen. Er gibt Beispiele und basiert seine Argumentation auf dem Verständnis von gesellschaftlich angebrachtem im 18. Jahrhundert. Einige seiner Vorschläge müssten wohl für eine Anwendung im 21. Jahrhundert überarbeitet werden.
Neunte Betrachtung: "Nähere Anwendung der Regeln und Regeln zur Beurteilung":
In dieser Betrachtung konkretisiert Ehlers seine allgemeinen Regeln und wendet sie auf verschiedene Situationen an. Er erläutert, wie man Vergnügungen beurteilen sollte und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Frage, ob ein Vergnügen langfristig nützlich ist und ob es im Einklang mit der eigenen moralischen Verpflichtung steht. Er bietet ein methodisches Vorgehen zur Überprüfung an.
"Jedes Vergnügen der Sinne und der Einbildungskraft muß also verwerflich werden, wenn die Menschen durch den Genuß derselben schwach und abgeneigt werden, die Arbeiten, welche zur Verfolgung der nothwendigen Bedürfnisse erfordert werden, redlich mit ihren Brüdern zu theilen." (S. 84-85)
Zehnte Betrachtung: "Von den verschiedenen Arten der Vergnügungen überhaupt":
Ehlers geht einen Schritt zurück und klassifiziert die verschiedenen Arten von Vergnügungen, die im menschlichen Leben auftreten können. Er unterscheidet zwischen körperlichen, geistigen und sozialen Vergnügungen und stellt fest, dass jede dieser Kategorien unterschiedliche moralische Herausforderungen mit sich bringt. Er erklärt, dass körperliche Vergnügungen oft eine größere Gefahr des Exzesses bergen, während geistige Vergnügungen leichter in den Rahmen der Tugendhaftigkeit fallen können. Dieses Kapitel bietet den Grundstein für den zweiten Teil seines Werkes.
Elfte Betrachtung: "Sittlichkeit der Vergnügungen":
In dieser Betrachtung zieht Ehlers eine vorläufige Bilanz bzw. ein Zwischenfazit seiner Erörterungen. Er betont, dass Vergnügungen in der richtigen Dosierung und unter Beachtung der sittlichen Prinzipien genossen werden müssen. Ein Vergnügen ist nur dann sittlich gut, wenn es die Pflichten des Einzelnen nicht beeinträchtigt und keine negativen Auswirkungen auf andere hat. Das Kapitel, welches sich den Namen mit dem Titel seines Buches teilt, kann als eine Art Meilenstein im Buch betrachtet werden. Ab hier widmet sich Ehlers neuen Perspektiven.
Zwölfte Betrachtung: "Pflichten und Vergnügungen":
Ehlers widmet sich dem Verhältnis von Pflichten und Vergnügungen und kommt zu dem Schluss, dass Pflichten stets Vorrang vor Vergnügungen haben müssen. Das sittlich gute Leben besteht darin, seine Pflichten zu erfüllen und Vergnügungen nur in dem Maße zu genießen, wie sie diese Pflichten nicht beeinträchtigen. Er erklärt, dass es möglich ist, Freude und Erfüllung in der Erfüllung der eigenen Pflichten zu finden.
„In der That, wir dürfen nicht lange fragen, ob sich der Mensch, wenn er das Vermögen bekommt, den Vergnügungen ungehindert nachzuhängen, darin zu mäßigen wisse.“ (Ehlers 1779a, S.106f)
Hiermit stellt Ehlers in Frage, ob Menschen in der Lage sind ein Mittelmaß zu finden, bekämen Menschen die Chance sich ungehindert Vergnügungen hinzugeben, so wüssten sie noch lange nicht, jene in Maßen zu genießen. Diese Betrachtung ist insbesondere für den modernen Menschen interessant. Es gilt zu identifizieren, ob auch im 21. Jahrhundert noch dieselbe Auffassung vertreten wird.
Dreizehnte Betrachtung: "Was ist zu tun, wenn bösen Vergnügungen nicht Einhalt geboten werden kann?":
Ehlers befasst sich hier mit der Frage, was zu tun ist, wenn Menschen nicht in der Lage sind, böse Vergnügungen zu vermeiden. Er schlägt vor, dass in solchen Fällen die moralische Stärke durch Erziehung, Selbsterkenntnis und soziale Kontrolle gestärkt werden sollte. Moralisch schädliche Vergnügungen sollten nach Möglichkeit vermieden werden, doch Strafen allein reichen nicht aus – es braucht auch innere Einsicht und Reflexion. Seine Lösungsansätze sind fortschrittlich für seine Epoche, jedoch wird mentale Gesundheit und Therapie nicht hinreichend thematisiert. Der Fokus liegt auf gesellschaftlichen Regeln und Strafen, nicht auf Heilung von mentalen Problemen. Ein mögliche psychologisch verursachte Spielsucht wird nicht explizit beschrieben.
Vierzehnte Betrachtung: "Vergnügungen des gesellschaftlichen Umgangs":
Ehlers beleuchtet die Vergnügungen, die aus dem gesellschaftlichen Umgang entstehen, wie Geselligkeit und Konversation. Diese Vergnügungen können, wenn sie maßvoll ausgeübt werden, die sozialen Bindungen stärken und zur moralischen Erziehung beitragen. Ehlers warnt jedoch davor, dass auch diese Vergnügungen zu Übermaß und Oberflächlichkeit führen können, wenn sie nicht in sittliche Bahnen gelenkt werden.
Fünfzehnte Betrachtung: "Von den Vergnügungen des Aufwandes und der Pracht überhaupt":
In dieser Betrachtung untersucht Martin Ehlers die menschliche Neigung, Vergnügen aus Luxus, Prunk und äußerem Aufwand zu ziehen. Er argumentiert, dass diese Art des Genusses oft vergänglich und oberflächlich ist, da sie auf den äußeren Schein und die Bewunderung anderer abzielt. Ehlers betont, dass wahre Freude nicht aus äußerem Reichtum oder Pracht kommt, sondern eher aus inneren Werten und moralischer Zufriedenheit. Statt echter Zufriedenheit führe der Luxus oft zu einem ständigen Streben nach mehr, was langfristig Unzufriedenheit und Ruhelosigkeit hervorrufe.
Sechzehnte Betrachtung: "Von einigen Hauptarten des Aufwands insbesondere":
In der Sechzehnten Betrachtung "Von einigen Hauptarten des Aufwands insbesondere" konzentriert sich Martin Ehlers auf die verschiedenen Arten des Aufwands und deren jeweilige gesellschaftliche Rolle. Er betrachtet unterschiedliche Formen von Ausgaben, wie etwa jene für Kleidung, Nahrung, Gebäude und Unterhaltung, und untersucht, wie diese Aufwände den sozialen Status und die Werte der Menschen widerspiegeln. Ehlers argumentiert, dass bestimmte Arten von Aufwand zur Erhaltung der Würde und des Anstands notwendig sind, während andere übertrieben und unnötig sind. Besonders kritisch sieht er Ausgaben, die nur der Verschwendung dienen und keinen tieferen Zweck erfüllen. Stattdessen ruft er zu einer sinnvollen und maßvollen Verwendung von Mitteln auf, die sowohl das persönliche Wohl als auch das der Gemeinschaft fördern soll.
Siebzehnte Betrachtung: "Von den Vergnügungen der Liebe":
In dieser Betrachtung widmet sich Ehlers den Vergnügungen, die aus der Liebe entstehen. Er unterscheidet zwischen körperlicher und geistiger Liebe und stellt fest, dass die körperliche Liebe oft zu moralischen Konflikten führen kann, insbesondere wenn sie ohne Rücksicht auf Sittlichkeit ausgeübt wird. Die höchste Form der Liebe ist für Ehlers jedoch diejenige, die in der Ehe und in der geistigen Verbindung zweier Menschen zum Ausdruck kommt. Triebhaftes Verhalten und körperliche Liebe werden definiert. Er zieht eine Grenze und zeigt auf, ab wann Vergnügungen ihren Charakter ändern und in ein krankhaftes Übermaß übergehen. Weiterhin betrachtet er Liebe und Fortpflanzung als eine „Pflicht des Schöpfers“
„Eben so gewiß ist die Liebe dazu bestimmt, daß die Menschen, indem sie durch Reize, die mit der Liebe verknüpft sind, bewogen werden, jene Pflicht des Schöpfers zu erfüllen, dadurch mehr zu gegenseitiger Zuneigung vereinigt werden.“ (Ehlers 1779a, S.181)
Achtzehnte Betrachtung: "Von den Vergnügungen des Theaterspiels":
Ehlers schließt den ersten Teil seines Werkes mit einer Betrachtung der Theatervergnügungen ab. Er erkennt die lehrreiche und unterhaltende Funktion des Theaters an, warnt jedoch vor moralisch fragwürdigen Inhalten. Das Theater hat das Potenzial, das Publikum zu belehren und sittlich zu erheben, wenn es verantwortungsvoll gestaltet wird, kann aber auch zur Oberflächlichkeit und moralischen Verderbnis führen, wenn es seine unterhaltende Funktion übertreibt. Im Folgenden zeigt er Unterschiede zwischen Theater, Jagd und anderen Lustspielen auf.
„Bei den Theaterspielen findet sich also bloß Nachahmung der Natur, in den Kampfspielen aber Natur selbst…“ (Ehlers 1779a, S.253)
Generell ist seine Klassifizierung des Theaters, als eine Form des Spiels, seiner Zeit voraus. Als einer der ersten identifiziert er zuschauende Unterhaltung als spielende Tätigkeit und dementsprechend als Vergnügung.
Siegel (Logo) der Universität zu Kiel (Chiloniensis) von 1665 mit dem Motto: "Pax optima rerum" ("Frieden ist das höchste der Güter")
Zweiter Teil:
Neunzehnte Betrachtung: "Von der Pantomime und der Maskerade":
Marin Ehlers beginnt den zweiten Teil mit der Untersuchung von Pantomime und Maskerade, die es den Menschen erlauben, sich zu verwandeln und vorübergehend aus den gesellschaftlichen Zwängen auszubrechen. Diese Formen des Vergnügens können, wenn sie maßvoll genossen werden, zur Entspannung und zur Erholung beitragen. Ehlers betont jedoch, dass auch bei der Maskerade sittliche Grenzen eingehalten werden müssen, da die Gefahr besteht, dass sie zu einem Verlust der moralischen Selbstkontrolle führen. Weiterhin betont Ehlers, wie schwer es sei, Pantomime und Maskerade auf einem hohen Level aufzuführen.
„Wie unendlich schwer ist es aber, ein zusammenhängendes Ganzes zu schaffen, worin alles natürlich auf einander folgt, und worin sich gar nicht solche zum pantomimischen Ausdruck unbequeme Gedanken finden.“ (Ehlers 1779b, S.4)
Bahnbrechend ist sein zweiter Teil, da er hier bei seiner Achtzehnten Betrachtung aus dem ersten Teil anschließt. Nun bewertet und beobachtet Ehlers verschiedene Formen der Unterhaltung. Diese Einteilung hat nachhaltig dafür gesorgt, dass das Spiel neu definiert werden muss. Bis dato war Spiel als etwas deutlich weniger Komplexes verstanden worden.
Zwanzigste Betrachtung: "Von der Musik und dem Tanzen":
In dieser Betrachtung untersucht Ehlers die sittliche Bedeutung von Musik und Tanz. Er lobt Musik und Tanz als Ausdruck von Harmonie und Freude und erkennt deren Rolle in der moralischen Erziehung an. Gleichzeitig warnt er jedoch vor exzessivem Genuss und betont, dass diese Vergnügungen sittlich bedenklich werden können, wenn sie zur Zerstreuung und zu einer Flucht vor den Pflichten führen. Er schreibt der Musik bereits eine unterhaltende Funktion zu, während das beim Tanze (Bewegung) nicht immer der Fall sei.
„… so findet es sich, daß die Musik für sich im Ganzen weit eher dem Menschen ein angenehmes und ihn befriedigendes Vergnügen gewährt, als der Tanz. Soll ein Tanz so mächtig auf uns wirken als die Musik: so muß entweder viel Reiz in der Person sein, die tanzt, … oder es muss im Ausdruck der Bewegung des Tanzenden ein großer Reichtum an Empfindungen deutlich sichtbar werden… “ (Ehlers 1779b, S.17)
Seine Warnungen von Übermaß und Mangel ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Werk, beim Tanze und der Musik beschreiben seine Warnungen die übermäßige Hingabe, welche zu Unzucht, Exzessen und Reizüberflutung führen sollen. Sofern man Musik und Tanz sittlich genießt, so dient es als Ausdruck von Harmonie und Ordnung, Freunde und Gemeinschaft. Ehlers gilt auch hier als Pionier, niemand definierte bisher Musik als spielende Tätigkeit.
Einundzwanzigste Betrachtung: "Von dem Schauspiel und Kunstfertigkeiten":
Schauspiel und künstlerische Fertigkeiten sind nach Ehlers edle Formen des Vergnügens, wenn sie zur moralischen Erbauung und geistigen Vervollkommnung dienen. Kunst hat das Potenzial, die Seele zu erheben und das Denken zu fördern, aber auch hier fordert Ehlers, die Inhalte kritisch zu hinterfragen. Wie üblich, warnt er auch hier vor den Folgen durch Übermaß. Das Hineinsteigern in die Kunst soll zu Wahnvorstellungen und Persönlichkeitsstörungen führen können. Dies wäre einfach ersichtlich, wenn man sich die mentale Gesundheit großer Künstler anschaut.
„Um den Werth dieser Künste richtig zu bestimmen, wollen wir aber theils noch auf die Künstler, theils auf die Zuschauer sehen.“ (Ehlers 1779b, S.57)
Hiermit meint Ehlers, dass Kunst an sich kein notwendiges Gut ist und Kunst nur durch die passende Audienz, eine Bedeutung erhält. Kunst lebt von der Wechselwirkung mi dem Betrachter. Daher ist es dem Künstler gelegen, möglichst stark aus der Masse herauszustechen. Diese Betrachtung ist insofern besonders, als dass Kunst, wenn im „Übermäßigkeitszustand“ produziert, einen Teil dieses Übermaßes bildlich wiedergibt. Dies meint, dass im Schauspiel oder bei Kunst allgemein, Übermaß porträtiert werden kann. In diesen Kunstformen kann man als Betrachter teilweise erkennen, in welchem Geisteszustand sich der Künstler befand. Für Beobachter ist dies Lehrreich, während es dem Künstler schadet.
Zweiundzwanzigste Betrachtung: "Von den Kampfspielen":
In dieser Betrachtung geht Ehlers auf die moralischen Implikationen von Kampfspielen ein, von Sportwettkämpfen bis zu kriegerischen Spielen. Ehlers sieht in solchen Spielen die Möglichkeit, körperliche Tugenden wie Stärke und Disziplin zu fördern, warnt jedoch vor einer Verherrlichung von Gewalt und rät, Kampfspiele nur dann zu fördern, wenn sie mit sittlichen Prinzipien im Einklang stehen. Weiterhin vergleicht Ehlers das Leben selbst mit einem Kampfspiel - dem Überleben.
„Das ganze Leben eines betriebsamen und fleißigen Volks ist daher fast nichts, als ein Kampfspiel.“ (Ehlers 1779b, S.70)
Insbesondere bei Jungen sei das Kampfspiel bereits tief in der Kindheit verankert. Ehlers beschreibt eine Art Kampftrieb, der männlichen Personen innewohnt. Diesen zu kontrollieren, führt zur Sittlichkeit. Kampfspiele sind weit definierbar, von Rangeleien, zu Schwertkämpfen, bis hin zu Sportwettkämpfen und Krieg allgemein.
„Die größte Mannichfaltigkeit finden wir in den Kampfspielen, welche zwischen Menschen und Menschen statt finden.“ (Ehlers 1779b, S.73)
Hiermit meint Ehlers, dass der Kampf „Mann gegen Mann“ den höchsten Stellenwert besitzt. Im folgenden geht auf Kämpfer verschiedener Länder ein und gibt Einblick in das Wetteifern verschiedener Nationen.
Dreiundzwanzigste Betrachtung: "Von den Gewinnspielen überhaupt":
Ehlers thematisiert hier die Gewinnspiele und das Glücksspiel, die oft mit Habgier und moralischem Verfall einhergehen. Gleichwohl sieht er große Parallelen zum Kampfspiel, eine Trennung dieser beiden Bereiche sei nur schwer möglich. Er warnt vor der Versuchung, sich in diesen Spielen zu verlieren, da sie die sittliche Empfindsamkeit abstumpfen lassen und zu moralischen Abwegen führen können. Gewinnspiele sollten daher, wenn überhaupt, nur unter strengsten sittlichen Kontrollen durchgeführt werden. Diese Betrachtung fokussiert Spiele in denen man als Gewinner deklariert werden kann. Nicht jedes Spiel hätte das Ziel am Ende einen Sieger zu präsentieren, die Gewinnspiele jedoch schon. Was die Gewinnspiele auszeichnet ist die Möglichkeit einer Belohnung. Für gewöhnlich gibt es, wie der Name schon sagt, etwas zu gewinnen.
„…so begehren wir diesen (Sieg/Belohnung) nur als ein Zeichen, dass wir in unseren Bestrebungen glücklich geworden sind.“ (Ehlers 1779b, S.114)
Dabei steht die Belohnung selbst meist nicht im Vordergrund, der Triumph über andere Spieler sei der Hauptmotivator. Hierbei spielt es nur bedingt eine Rolle, ob der Sieg durch Fertigkeiten oder Zufall erzielt wurde. Prestige, sei das Erstrebenswerteste.
Vierundzwanzigste Betrachtung: "Von den Spielen des Denkens und der Geschicklichkeit allein":
In dieser Betrachtung lobt Ehlers die Spiele, die den Geist und die Geschicklichkeit fördern, wie Schach oder Kartenspiele, bei denen das strategische Denken im Vordergrund steht. Solche Spiele tragen zur geistigen Ertüchtigung bei und fördern Tugenden wie Geduld und Konzentration. Sie können als sittlich gutes Vergnügen angesehen werden, solange sie in Maßen gespielt werden. Diese Form von Spielen ist eine der „reinsten“ Formen des Spiels. Der sittliche und schlaue Mensch hat hier einen Vorteil. Durch den Verstand zu Siegen, sei die höchste Form geistiger Befriedigungen.
„Das Schachspiel ist vielleicht das einzige Spiel, wovon man im strengsten Verstande sagen kann, daß der Spielende sein Wert ganz nach seiner Erkenntnis lenken kann.“ (Ehlers 1779b, S.119f)
Ehlers meint, dass Schach die Eigenschaft besitzt, sein Potenzial nur durch Intelligenz ins unermessliche zu steigern. Nichts, außer das eigene Können, trägt zum Resultat bei. Heutzutage gibt es mehrere Spiele, welche diese Eigenschaften teilen, damals schien Schach das einzige Spiel dieser Art zu sein.
„Wer wirklich durch gewisse irrige Züge auf Abwege kommt, erkennt diesen Irrthum deutlich in seinen Folgen…“ (Ehlers 1779b, S.123)
Ursache und Wirkung sind in Denkspielen untrennbar miteinander verwoben. „Man erntet was man säht“, diese Erfahrungen seien langfristig notwendig zur Verbesserung eines Spielers.
Fünfundzwanzigste Betrachtung: "Von den Spielen der Geschicklichkeit und des Zufalls":
Ehlers differenziert hier zwischen Spielen, die Geschicklichkeit erfordern, und solchen, die auf reinem Zufall basieren. Während Spiele der Geschicklichkeit sittlich vertretbar sind, stellt er Zufallsspiele in Frage, da sie leicht zu moralischem Verfall führen können. Sie fördern nicht die Tugend, sondern setzen das menschliche Handeln unberechenbaren Kräften wie dem Glück oder der Gier aus. Kombiniere man sowohl Verstandesspiele als auch Glücksspiele, so erhalte man eine der attraktivsten Spielformen.
„Wir kommen, meine Herren, nun zu einer Gattung der Spiele, welche vorzüglich festen Fuß unter den Menschen gefaßt haben, welche die gewöhnliche Unterhaltung der Menschen in Gesellschaft ausmachen, und welche von so vielen bis zur heftigsten Leidenschaft geliebt und gesucht werden.“ (Ehlers 1779b, S.142)
Eine Spielegattung für die breite Masse, ein gesamtgesellschaftlich akzeptiertes Spiel, ein Mix aus Glück und Können. Es entstünden ausgeglichenere Bedingungen, denn erfahrenere Spieler gewinnen nicht jedes Spiel. Insbesondere Kartenspielen würden diese beiden Elemente zur Grunde liegen. Dieser Spieletyp eignet sich laut Ehlers ebenfalls großartig für den Einsatz von Wertgegenständen oder Währung allgemein.
Seine Einteilung dient unter anderem als Grundlage für Caillois späteren Entwurf von „agộn, alea, mimicry und ilinx“. Die Rolle von Wettkampf, Glück, Nachahmung und Rausch wurde bis dato nicht übermäßig behandelt. In diesem Fall ist es am wichtigsten, eine angebrachte Mischung der Methodiken zu finden.
Sechsundzwanzigste Betrachtung: „Von den Spielen des Zufalls“
In dieser Betrachtung „Von den Spielen des Zufalls“ thematisiert Martin Ehlers das Glücksspiel und dessen Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft allein. Er beschreibt, wie Spiele, die auf reinem Zufall basieren, Menschen oft in die Irre führen, da sie auf das schnelle, unverdiente Glück hoffen. Früh in diesem Kapitel werden Würfelspiele thematisiert, es gäbe unzählige davon und ebengenannte seien ein hervorragendes Beispiel für die Mechanik von Spielen des Zufalls. Ehlers warnt vor den negativen Folgen des Glücksspiels, wie dem Verlust von Geld, der Entstehung von Spielsucht, dem moralischen Verfall und Wutausbrüchen gegenüber dem Schicksal/Zufall.
„Und dennoch finden wir, daß der Verlierende oft gegen den Gewinner in Wuth geräth, … In einer solchen Wuth flucht und schlägt man auch oft auf die Würfel, auf den Tisch, und alles, was man gegenwärtig sieht … ein.“ (Ehlers 1779b, S.181)
Zudem könne Glücksspiel ganze Existenzen auslöschen und Menschen mit samt ihren Familien in den Ruin treiben.
„So wird oft Einer, der wenige Minuten vorher einer der reichsten Menschen war, auf einmal im höchsten Grabe arm und elend.“ (Ehlers 1779b, S.191)
Er kritisiert, dass diese Art von Spielen keine echte geistige oder praktische Bereicherung bieten und oft nur der Verschwendung und Illusion dienen. Es handele sich hier um eine der niedrigsten Formen des Spiels, da keine Eigenleistung stattfinden kann. Gegen Ende des Kapitels werden ebenfalls die Lotteriespiele thematisiert, während jene sich nicht nennenswert von unserer heutigen Lotterie unterscheiden.
Siebenundzwanzigste Betrachtung: "Von den Vergnügungen der Jagd":
Die Jagd ist für Ehlers ein Vergnügen, das sowohl körperliche Fähigkeiten als auch Respekt vor der Natur erfordert. Er sieht in der Jagd eine moralisch vertretbare Aktivität, solange sie mit Maß und ohne unnötige Grausamkeit betrieben wird. Jagd kann den Menschen lehren, seine Kräfte zu zügeln und im Einklang mit der Natur zu handeln, was sie zu einem sittlich wertvollen Vergnügen macht. Das besondere bei der Jagd, ist die körperliche Befriedigung und das direkte Feedback. Die Jagd ist etwas sehr Reales, was mit dem Tode von Tieren einher geht. Es unterscheidet sich von klassischen Spielen, welche einen fiktiven Erfahrungsraum erschaffen. Insofern ist die Jagd näher an Pflichten und dem Ernst als andere Spiele. Gleichwohl müsse jeder Jäger es mit seiner Seele vereinbaren, der Todbringer für andere Lebewesen zu sein, eine laut Ehlers sehr weit vom klassischen Spiel entfernte Tätigkeit.
„… aber wie kann unsre Freude vollkommen sein, so lange diese Art der menschlichen Grausamkeit nicht gänzlich ausgerottet ist…“ (Ehlers 1779b, S.270)
Grausamkeit und das Töten von Tieren scheinen für Ehlers nicht zwangsläufig etwas mit Spielen zu tun zu haben. Sofern man jedoch auf die Jagd geht, um Nahrung für seine Familie zu sammeln, verliert die Jagd einen Teil ihrer spielerischen Natur und dient dem Überleben.
Achtundzwanzigste Betrachtung: "Von den edelsten Freunden und Vergnügungen der Menschheit":
Ehlers schließt sein Werk mit einer Betrachtung der edelsten Vergnügungen, die in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu finden sind. Freundschaft und Wohlwollen sind für Ehlers die höchsten Formen des Vergnügens, da sie auf gegenseitigem Respekt und der Förderung des moralischen Guten basieren. Diese Vergnügungen sind die tiefsten und wahrhaftigsten, da sie die Tugenden des Einzelnen und der Gemeinschaft stärken. Generell seien geistige Vergnügungen auf einem anderen Niveau als körperliche. Ehlers gibt eine seiner Zeit angemessene Einteilung von verwerflichen und erstrebenswerten Vergnügungen, welche auch im 21. Jahrhundert weitestgehend ihre Gültigkeit behalten.
Fazit zu Ehlers „Sittlichkeit der Vergnügungen“
Ehlers' Werke, obwohl jene im 18. Jahrhundert geschrieben wurden, bieten wertvolle Einblicke in die moralischen Überlegungen, die auch heute noch in der Spielforschung und der Reflexion über Vergnügungen relevant sind. Beide Werke zeichnen sich durch eine methodische und gründliche Analyse aus und bietet eine tiefgehende Betrachtung über die moralische Bedeutung von Vergnügungen im menschlichen Leben.
„Betrachtungen über die Sittlichkeit der Vergnügungen" ist ein ideales Buch, um einen Eindruck auf die Sichtweise von Menschen aus dem 18. Jahrhundert zu erhalten – die Sichtweise auf einen fundamentalen Baustein des „Menschseins“ – Das Vergnügen und die Spiele.
Diesen Ausführungen von Martin Ehlers geht seine Schrift von 1766 voraus, forderte er als einer der ersten seiner Zeit, das Spiel in den allgemeinen Lernprozess zu integrieren. Dies kann durchaus als eine der ersten Formen der modernen „Gamification“ betrachtet werden.
Zweite Zusammenfassung: Martin Ehlers "Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen"
Martin Ehlers' Werk „Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen“ beschäftigt sich mit den Reformen, die notwendig sind, um das Schulwesen effektiver und ansprechender zu gestalten. Ehlers, der ein Verfechter von pädagogischen Innovationen war, legt in diesem Werk seine Ansichten zur Verbesserung der schulischen Bildung dar und betont dabei insbesondere die Notwendigkeit, das Spiel in den allgemeinen Lernprozess zu integrieren.
1. Einführung und allgemeine Kritik am Schulwesen
Ehlers beginnt sein Werk mit einer allgemeinen Kritik am bestehenden Schulsystem seiner Zeit. Er bemängelt die Starrheit und das starre Regelwerk, das es den Schülern erschwert, eine echte Begeisterung für das Lernen zu entwickeln. Ehlers argumentiert, dass die Schulen zu sehr auf Disziplin und Auswendiglernen fokussiert sind, während die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler vernachlässigt werden.
2. Die Rolle des Spiels im Lernprozess
Ein zentraler Vorschlag von Ehlers in diesem Werk ist die Integration von Spielen in den schulischen Alltag. Ehlers sieht das Spiel nicht nur als eine Form der Unterhaltung, sondern als ein mächtiges pädagogisches Werkzeug, das das Lernen fördert. Er betont, dass Spiele die natürliche Neugier der Schüler wecken und ihre Kreativität sowie ihr logisches Denken stärken. Durch das Spiel sollen komplexe Themen zugänglicher gemacht werden, und Schüler sollen durch die spielerische Auseinandersetzung mit Lernstoff motiviert werden, sich intensiver mit den Inhalten auseinanderzusetzen.
Ehlers schlägt vor, dass das Spiel in verschiedenen Formen in den Unterricht integriert werden kann, sei es durch didaktische Spiele, die gezielt bestimmte Fähigkeiten fördern, oder durch spielerische Elemente in traditionellen Unterrichtsformen. Er glaubt, dass dies zu einer aktiveren und engagierteren Teilnahme der Schüler am Unterricht führen würde.
3. Kombination von theoretischem Wissen und praktischer Anwendung
Ein weiterer wichtiger Punkt in Ehlers' Überlegungen ist die Notwendigkeit, theoretisches Wissen mit praktischer Anwendung zu verknüpfen. Er argumentiert, dass Schüler das Gelernte besser verstehen und behalten, wenn sie es in einem praktischen Kontext anwenden können. Spiele bieten hierfür eine ideale Plattform, da sie es den Schülern ermöglichen, theoretisches Wissen in einer praktischen, oft simulierten Umgebung zu nutzen und dadurch besser zu verinnerlichen.
4. Individualisierung des Lernprozesses
Ehlers spricht sich auch für eine stärkere Individualisierung des Lernprozesses aus. Er erkennt an, dass jeder Schüler anders lernt und unterschiedliche Stärken und Schwächen hat. Durch die Integration von Spielen und spielerischen Aktivitäten in den Unterricht können Lehrer den Lernprozess besser an die individuellen Bedürfnisse der Schüler anpassen. Ehlers betont, dass dies nicht nur die Lernleistung verbessern, sondern auch die Freude am Lernen steigern würde.
5. Förderung sozialer Kompetenzen durch das Spiel
Neben der intellektuellen Entwicklung sieht Ehlers im Spiel auch ein Mittel zur Förderung sozialer Kompetenzen. Er argumentiert, dass Spiele, insbesondere solche, die Zusammenarbeit und Teamarbeit erfordern, den Schülern wichtige soziale Fähigkeiten vermitteln. Durch das gemeinsame Spielen lernen Schüler, miteinander zu kommunizieren, Konflikte zu lösen und Verantwortung zu übernehmen. Diese Fähigkeiten sind laut Ehlers für das spätere Leben genauso wichtig wie das erworbene Wissen.
6. Praktische Vorschläge zur Umsetzung
Zum Abschluss des Werkes macht Ehlers konkrete Vorschläge, wie seine Ideen in die Praxis umgesetzt werden können. Er schlägt vor, dass Lehrer in speziellen Schulungen lernen sollten, wie sie Spiele effektiv in den Unterricht integrieren können. Zudem plädiert er dafür, dass Lehrpläne flexibler gestaltet werden, um Raum für solche innovativen Methoden zu schaffen.
Fazit zu Ehlers „Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen"
In seinen Schlussfolgerungen fasst Ehlers seine Überlegungen zur Schulreform zusammen und betont nochmals die zentrale Rolle, die das Spiel im Lernprozess einnehmen sollte. Er ist überzeugt, dass ein reformiertes Schulsystem, das das Spiel als pädagogisches Werkzeug nutzt, nicht nur das Lernen effektiver macht, sondern auch zu einer ganzheitlicheren Bildung beiträgt, bei der die intellektuellen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten der Schüler gleichermaßen gefördert werden. Jenem Ehlers Sympathisanten kann dieses Werk freilich empfohlen werden. Der Grundgedanke, Pädagogik durch Spiel zu revolutionieren, ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Der Startschuss viel bereits früher, mindestens Mitte des 18. Jahrhunderts
Einfluss auf andere Gelehrte
Martin Ehlers' Werk "Sittlichkeit der Vergnügungen" übte wesentlichen Einfluss auf spätere Pädagogen wie Johann Bernhard Basedow, Christian Gotthilf Salzmann, Johann Friedrich Trapp und Johann Christoph Friedrich GutsMuths aus. Insbesondere Trapp und GutsMuths setzten sich intensiv mit der Idee auseinander, dass das Spiel eine zentrale Rolle in der Erziehung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen spielen sollte.
Parallelen zwischen Ehlers, Trapp und GutsMuths:
1. Sittlichkeit und Moralität im Umgang mit Vergnügungen:
Ehlers legte großen Wert darauf, dass Vergnügungen und Spiele sittlich vertretbar sein müssen und zum moralischen Wachstum des Einzelnen beitragen. Diese Idee übernahmen sowohl Trapp als auch GutsMuths, indem sie betonten, dass das Spiel nicht nur ein Mittel zur körperlichen Ertüchtigung oder Unterhaltung ist, sondern auch eine wichtige Rolle bei der moralischen und sozialen Bildung spielt. Trapp argumentierte, dass Kinder durch das Spielen Werte wie Fairness, Rücksichtnahme und Disziplin erlernen, während GutsMuths in seinen Werken zur Leibeserziehung den erzieherischen Wert des Spiels betonte.
2. Erziehung durch körperliche Aktivität:
GutsMuths setzte die Ideen Ehlers im Bereich der Leibeserziehung um, indem er das Spiel als ein wichtiges Instrument für die körperliche und geistige Entwicklung betrachtete. Ehlers schrieb in seinen Betrachtungen über die „Sittlichkeit der Vergnügungen“, dass körperliche Spiele und Aktivitäten sittlich gut sein können, wenn sie die Tugenden fördern. GutsMuths griff diese Idee auf und machte sie zum Kern seiner pädagogischen Arbeit: Für ihn waren Leibesübungen und Spiele nicht nur Mittel zur physischen Ertüchtigung, sondern auch zur Förderung von Charakterstärke und Moralität.
3. Spiel als notwendiger Bestandteil der Erziehung:
Sowohl Ehlers als auch die späteren Pädagogen erkannten das Spiel als integralen Bestandteil des Lebens und der Erziehung an. Trapp und GutsMuths folgten dieser Auffassung und integrierten das Spiel systematisch in ihre Erziehungskonzepte. Sie sahen im Spiel nicht nur eine Erholungsphase, sondern auch ein Mittel zur aktiven Erziehung. Durch das Spiel lernen Kinder spielerisch soziale Kompetenzen, entwickeln ihre Fähigkeiten und üben sich in der Anwendung von Regeln und Normen.
4. Balance zwischen Vergnügen und Pflicht:
Ehlers betonte die Balance zwischen Vergnügen und Pflicht, was auch für Trapp und GutsMuths wichtig war. Beide sahen im Spiel eine Möglichkeit, Kinder und Jugendliche auf ihre Pflichten vorzubereiten, ohne ihnen die Freude am Lernen zu nehmen. Das Spiel ermöglichte es ihnen, neue Fähigkeiten in einer freudigen Umgebung zu entwickeln, ohne dass der Lernprozess als Zwang empfunden wurde.
Warum das Spiel in die Schule und zu jedem Menschen gehört:
- Ganzheitliche Entwicklung: Das Spiel ist ein wichtiges Mittel zur ganzheitlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Es fördert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die geistige, soziale und emotionale Entwicklung. Durch Spiele lernen Kinder, komplexe Aufgaben zu bewältigen, Probleme zu lösen und ihre Kreativität zu entfalten. Trapp und GutsMuths erkannten, dass Spiele Kindern ermöglichen, ihre Fähigkeiten in einem sicheren Rahmen zu erproben und weiterzuentwickeln.
- Förderung sozialer Kompetenzen: Im Spiel interagieren Kinder miteinander und lernen dabei, Regeln zu befolgen, Konflikte zu lösen und Empathie zu entwickeln. Dies sind wichtige soziale Fähigkeiten, die in der Schule und im späteren Leben von großer Bedeutung sind. GutsMuths sah im Spiel eine Möglichkeit, soziale Tugenden wie Fairness, Rücksichtnahme und Teamarbeit zu fördern. Das Spiel ermöglicht es Kindern, sich in die soziale Ordnung einzugliedern und wichtige Werte für das gesellschaftliche Leben zu erlernen.
- Lernen durch Handeln: Das Spiel ermöglicht es Kindern, durch eigenes Handeln zu lernen. Sie erfahren unmittelbar die Konsequenzen ihrer Handlungen und können so durch Versuch und Irrtum Fortschritte machen. Diese Form des „aktiven Lernens“ ist besonders effektiv, weil sie die Kinder stärker in den Lernprozess einbindet und das Gelernte besser verankert. Trapp argumentierte, dass das Spiel eine natürliche Form des Lernens ist, die den Kindern Freude bereitet und sie motiviert, weiter zu lernen.
- Förderung von Kreativität und Eigeninitiative: Das Spiel fördert die Kreativität und die Eigeninitiative der Kinder, indem es ihnen erlaubt, eigene Regeln zu entwickeln, verschiedene Rollen auszuprobieren und neue Situationen zu simulieren. Diese Eigenschaften sind für die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Problemlösungsfähigkeiten entscheidend. Kinder lernen durch das Spiel, selbstständig zu handeln und Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen.
- Körperliche Ertüchtigung und Gesundheitsförderung: Insbesondere bei GutsMuths steht die körperliche Ertüchtigung im Vordergrund. Er erkannte, dass Bewegung und körperliche Betätigung für die körperliche Gesundheit von Kindern unerlässlich sind. Durch das Spiel können Kinder ihre motorischen Fähigkeiten verbessern, Ausdauer aufbauen und ihre Gesundheit fördern. Der pädagogische Wert liegt in der Verbindung von Spaß und körperlicher Aktivität, die langfristig positive Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden hat.
- Moralische und ethische Bildung: Das Spiel bietet zahlreiche Möglichkeiten zur moralischen Erziehung. Kinder lernen, mit Sieg und Niederlage umzugehen, die Regeln des Spiels zu respektieren und fair zu handeln. Diese Erfahrungen sind wertvoll, um ihnen zu vermitteln, was Gerechtigkeit, Verantwortung und ethisches Verhalten bedeuten. Ehlers betonte, dass Spiele sittlich gut sind, wenn sie die Tugenden stärken – und genau dies sahen auch Trapp und GutsMuths als eines der Hauptziele von Spielen in der Erziehung an.
Finale Schlussfolgerung zu Ehlers Werken und dem Einfluss von Spiel auf Schule:
Ehlers beeinflusste Trapp und GutsMuths durch seine Sichtweise, dass Vergnügungen und Spiele moralisch und erzieherisch wertvoll sein können, wenn sie in einen sittlichen Kontext gestellt werden. Das Spiel gehört in die Schule und zu jedem Menschen, weil es nicht nur zur physischen und mentalen Gesundheit beiträgt, sondern auch eine unverzichtbare Rolle bei der sozialen, moralischen und geistigen Entwicklung spielt. Es ermöglicht ein Lernen durch Freude, fördert soziale Tugenden und bereitet Kinder auf die Herausforderungen des Lebens vor.
Komplexe Sachverhalte werden aufgebrochen und spielerisch verstanden. Von Geschichte über Naturwissenschaften und Sprachen, das Spiel und auch das Spielen von Brettspielen beeinflusst Kinder und Erwachsene nachhaltig positiv. Sofern man sich an Ehlers tugendhafter goldener Mitte orientiert, können Vergnügungen und das Spiel stets vorteilhaft verwendet werden. Ein riesiger Effekt, bei minimalem Risiko. Das Spiel und die Schule sollten zusammengehören, wie Schlüssel und Schloss, wie Salz und Pfeffer.