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"Board & Table Games from many Civilizations" von R.C. Bell

Robert Charles Bell's Buch "Board & Table Games from many Civilizations" ist eine umfassende Enzyklopädie über Brett- und Tischspiele aus verschiedenen Kulturen weltweit. Das Buch, das erstmals 1960 veröffentlicht wurde, ist eine detaillierte Untersuchung der historischen und kulturellen Aspekte von Spielen und bietet eine reiche Sammlung an Informationen zu den Regeln, Varianten und Strategien traditioneller Spiele. Sachlich und inhaltlich richtig, ordnet Bell verschiedene Spiele, verschiedenen Kategorisierung zu. Die Hauptmechaniken der untersuchten Spiele werden detailliert offengelegt und bewertet.

Buch: Board and Table Games, R.C. Bell, 1960

Buch: Board and Table Games, Band 1, R.C. Bell, 1960

Robert Charles Bell (1917-2002) war der Autor mehrerer Bücher über Brettspiele, vor allem von Board and Table Games 1 & 2 (nachgedruckt als Board and Table Games from Many Civilizations). Dieses Werk wurde mit dem Premier Award der Doctors' Hobbies Exhibition, London, ausgezeichnet. Er war maßgeblich an der Popularisierung traditioneller Spiele beteiligt und wird in David Parletts "The Oxford History of Board Games" (1999) als eine von 11 „Hauptquellen“ anerkannt.

Er wurde 1917 in Sudbury, Ontario, geboren und zog 1928 nach England, wo er bis 1941 am Haileybury College in Hertfordshire und am St. Bartholomew's Hospital medizinisch ausgebildet wurde. Er wurde Facharzt für plastische Chirurgie und war Mitglied des Redaktionsausschusses des British Journal of Plastic Surgery. Außerhalb der Medizin war Bell ein Universalgelehrter, der eine internationale Autorität für Brettspiele wurde und Bücher für Sammler über Tyneside Pottery (Töpfern und Keramik, 1971) und Trade Tokens (frühe Geldformen, Münzen) schrieb. Sein erstes Werk über Spiele war Board and Table Games (1960).

Er starb im Jahr 2002. Seit 2007 befindet sich ein Großteil seiner umfangreichen Sammlung von Spielen und Spielutensilien in der University of Durham im Norden von England.

Inhalt und Struktur des Buches "Board and Table Games from many Civilisations"

Das Werk ist in zwei Bände unterteilt:

  1. Band 1: Spiele aus antiken Zivilisationen und dem Mittelalter
    • Antike Spiele: Das Buch beginnt mit Spielen aus der Antike, einschließlich der frühesten bekannten Brettspiele wie dem Königlichen Spiel von Ur und Senet aus dem alten Ägypten. Es beschreibt die Regeln und den historischen Kontext dieser Spiele.
    • Klassische Spiele: Es deckt auch klassische Spiele wie Go, Schach und Mühle ab und beleuchtet deren Entwicklung über die Jahrhunderte.
    • Mittelalterliche Spiele: Hier werden Spiele des Mittelalters vorgestellt, wie Tafl (ein altes nordisches Brettspiel) und das Alquerque (ein Vorläufer von Damespiel).

  2. Band 2: Spiele aus verschiedenen Kulturen der Welt
    • Asiatische Spiele: Bell widmet einen großen Teil des Buches asiatischen Spielen, darunter chinesische Spiele wie Xiangqi (Chinesisches Schach) und Mahjong sowie japanische Spiele wie Shogi (Japanisches Schach).
    • Afrikanische und amerikanische Spiele: Der Autor beschreibt Mancala-Varianten, die in Afrika und anderen Teilen der Welt gespielt werden sowie traditionelle Spiele der amerikanischen Ureinwohner.
    • Europäische Spiele: Es gibt eine umfassende Betrachtung europäischer Spiele, die von mittelalterlichen bis zu modernen Varianten reichen.

Stil und Ansatz

Bell verwendet einen wissenschaftlichen Ansatz, indem er nicht nur die Regeln und Mechaniken der Spiele dokumentiert, sondern auch deren kulturelle Bedeutung und historische Entwicklung analysiert. Er legt großen Wert darauf, die Ursprünge der Spiele zu erforschen und deren Einfluss auf spätere Spielentwicklungen darzustellen.

Bedeutung und Einfluss

"Board & Table Games from many Civilizations" ist nicht nur eine Sammlung von Spielregeln, sondern auch eine kulturhistorische Studie, die die interkulturellen Verbindungen und Entwicklungen aufzeigt. Es hat großen Einfluss auf die moderne Spielforschung, die Ludologie und dient als Referenzwerk für Historiker, Ethnologen und Spieleenthusiasten.

Spielarten und grundlegende Mechanismen

Robert Charles Bell unterteilt die Spiele in folgende Kategorisierungen:

1. Rennspiele

Diese Spiele beinhalten das Bewegen von Spielsteinen entlang eines festgelegten Pfades oder Spielbretts. Das Ziel ist es oft, als Erster eine bestimmte Position zu erreichen. Beispiele sind:

  • Das Königliche Spiel von Ur: Ein altes mesopotamisches Spiel, bei dem die Spieler ihre Steine über das Brett bewegen, basierend auf Würfelergebnissen.
  • Pachisi: Ein indisches Spiel, das als Vorläufer des modernen "Ludo" gilt.


2. Spiel mit sich verändernden Positionen (Kriegsspiele)

Diese Spiele beinhalten das strategische Setzen, Bewegen oder Entfernen von Steinen auf einem Brett, wobei das Ziel ist, eine bestimmte Anordnung zu erreichen oder die Steine des Gegners zu schlagen. Sie können weiter unterteilt werden in:

  • A.) Anschlussspiele (Alignment Games): Das Ziel ist es, eine Linie oder eine spezifische Anordnung von Steinen zu bilden.
    • Mühle: Ein bekanntes Beispiel, bei dem die Spieler versuchen, eine "Mühle" (drei Steine in einer Linie) zu bilden.
  • B.) Positionsspiele (Position Games): Bei diesen Spielen ist die Kontrolle über bestimmte Felder oder Bereiche entscheidend.
    • Schach: Eines der bekanntesten Position-Spiele, bei dem die Spieler versuchen, den König des Gegners schachmatt zu setzen.
    • Go: Ein asiatisches Spiel, bei dem das Ziel ist, möglichst viel Territorium zu kontrollieren.
  • C.) Bewegungsspiele (Movement Games): Diese fokussieren sich auf das strategische Bewegen von Steinen auf dem Brett.
    • Backgammon: Ein Beispiel, bei dem die Spieler ihre Steine basierend auf Würfelergebnissen bewegen und versuchen, alle Steine ins Ziel zu bringen.

 

3. Zufallsbasierte Spiele

Diese Spiele beinhalten einen erheblichen Zufallsfaktor, typischerweise durch Würfeln, Ziehen von Karten oder andere Zufallsmechanismen. Die Entscheidungen der Spieler werden oft durch diesen Zufallsfaktor beeinflusst.

  • Würfelspiele: Verschiedene antike und moderne Spiele, bei denen Würfel eine zentrale Rolle spielen, wie beispielsweise Craps.
  • Kartenspiele: Traditionelle Spiele wie Poker oder Bridge, die stark von Zufallselementen wie dem Mischen und Verteilen von Karten abhängen.

4. Beobachtungs- und Zählspiele

Diese Spiele erfordern eine gute Beobachtungsgabe und schnelles Reaktionsvermögen. Das Ziel kann darin bestehen, Muster zu erkennen oder eine bestimmte Anzahl an Elementen zu sammeln.

  • Domino: Ein Spiel, bei dem Steine mit aufgedruckten Punktwerten kombiniert werden müssen.
  • Mahjong: Ein traditionelles chinesisches Spiel, das sowohl Glück als auch Strategie erfordert und bei dem die Spieler Ziegel sammeln und Sätze bilden müssen.


5. Spiele mit asymmetrischen Startbedingungen

Diese Kategorie umfasst Spiele, bei denen die Spieler mit unterschiedlichen Startbedingungen beginnen, was unterschiedliche Strategien erfordert.

  • Tafl-Spiele: Ein Beispiel für ein asynchrones Spiel, bei dem eine Seite verteidigen muss, während die andere angreift.


6. Historisch-kulturelle Spiele

Diese Spiele sind oft tief in der Kultur und Geschichte einer bestimmten Region verwurzelt. Sie bieten nicht nur Unterhaltung, sondern auch Einblicke in die kulturellen und sozialen Strukturen der Gesellschaft, in der sie entstanden sind.

  • Senet: Ein altägyptisches Brettspiel, das spirituelle Bedeutungen und symbolische Aspekte der ägyptischen Kultur reflektiert.
  • Mancala: Eine Gruppe von Spielen, die besonders in Afrika verbreitet ist und auf das Sammeln und Zählen von Samen oder Steinen basiert.


Zusammenfassung

Bell's Buch bietet eine umfassende Klassifikation von Brett- und Tischspielen, die sowohl ihre Spielmechaniken als auch ihre kulturelle Bedeutung abdeckt. Diese Unterteilungen helfen dabei, die reiche Vielfalt der Spiele weltweit zu verstehen und zu schätzen. Jedes Spiel wird nicht nur durch seine Regeln beschrieben, sondern auch durch seine historische Entwicklung und kulturelle Relevanz kontextualisiert.

Fazit

Robert Charles Bells Buch ist eine wichtige Ressource für alle, die sich für die Geschichte und Entwicklung von Brett- und Tischspielen interessieren. Es bietet tiefgehende Einblicke in die kulturellen und sozialen Aspekte von Spielen und ist ein Muss für jeden, der mehr über die Vielfalt und die Wurzeln dieser Freizeitaktivität erfahren möchte. Insbesondere wertvoll ist die Klassifizierung in verschiedene Spielarten mit verschiedene Hauptmechaniken.

 

Weitere ergänzende Buchempfehlung:

"The Boardgame Book", R.C. Bell, Marshall Cavendish Editions, London 1979 (auf Deutsch übersetzt von Brigitte Franke, Domini-sumus Verlag, Bochum 1980, mit Schutumschlag und Schmuckschuber).
Mit 160 Seiten und 135 wunderschönen farbigen Fotos und Spielplänen sowie 130 weiteren in schwarz-weiß.