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Goethe und das Spiel

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist einer der bekanntesten deutschen Dichter, Schriftsteller und Wissenschaftler. Nicht so bekannt ist einer seiner Kammerdiener, Christoph Erhard Sutor (1754-1838), der von 1776-1795 bei Goethe arbeitete. Goethe hatte nichts dagegen, dass er nebenbei Geld mit der Herstellung von Spielkarten verdiente (s. Goethes Diener), er unterstützte ihr sogar bei seinen unternehmerischen Tätigkeiten.

Johann Wolfgang Goethe

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Ölgemälde von Karl Stieler 1828

Goethe spielte nicht nur Schach, er liebte auch das Kartenspiel sowie Kartentricks. Er war ein "Homo ludens" und verstand es, die schöpferische Kraft des spielenden Menschen für sich zu nutzen (s. Ausstellung im Goethe-Museum in Düsseldorf "Goethe und die Lust am Spiel" von 2003). Spielerisch ging es auch bei Goethes Festen zu, bis hin zu Ratespielen. Vom Glücks- und Würfelspiel stammt sein Zitat: "Das Leben ist ein Gänsespiel", vom Theaterspiel: "Wer sich nur selbst spielen kann, ist kein Schauspieler."

Für die historische Spielforschung ergeben sich reichlich Quellen rund um das Thema der Spielkarten und Kartenspiele, weil diese immer Gegenstand öffentlicher Diskussionen, staatlicher Eingriffe und Besteuerungen oder kirchlicher Verbote waren. So sind zahlreiche Dokumente zum Thema Spielkarten erhalten geblieben, aus denen wir heute einiges herauslesen können. Der Kartensammler und Spielforscher Gerd Matthes aus Altenburg ist dazu in die Tiefen der Archive hinabgestiegen.

Der Weimarer Kartenmacher und Goethes Kammerdiener Christoph Erhard Sutor und seine Nachfolger

Laut derzeitigen Forschungsstand auf dem Gebiet der Spielkartenherstellung in Deutschland ist nicht bekannt, dass es bereits im 16., 17. und 18. Jahrhundert in Weimar bzw. im Herzogtum Sachsen-Weimar einen Kar­tenmacher gab. Vermutlich eher nicht, denn sogar der Experte auf dem Gebiet der frühen Spielkartenherstellung W. L. Schreiber (1937) erwähnt in Weimar keinen Kartenmacher. (Anmerkungen und Quellen 1, s. am Ende dieser Seite )

Wie so oft beginnt die dokumentierte Geschichte der Spielkartenhersteller mit dem katholischen Prediger Johannes Kapistran (1386-1456) und Inquisitor. Er sorgte dafür, dass die Leute nach seinen Predigten, Luxusgüter, aber auch Brettspiele, Würfel und eben Spielkarten öffentlich verbrannten. Die Orte seiner Predigtreisen sind ausführlich bekannt, Weimar wird nicht erwähnt. Augen­scheinlich war Kapistran nicht in Weimar, aber nachweislich in Erfurt. (2)

Christoph Erhard Sutor (1754-1838)

Sutor ist mit großer Wahrscheinlichkeit der erste Spielkartenfabrikant in Weimar. C. E. Sutor war Kammerdiener bei Johann Wolfgang von Goethe. Er  wurde am 14. März 1754 als Sohn eines Bäckers in Erfurt geboren. Als Zwei­undzwanzigjähriger zog er im Dezember 1776 als 2. Kammerdiener in Goethes Gartenhaus ein. Walter Schleif (Aufbau-Verlag, 1965) berichtet: (3)

"Eigenartig lagen bei Sutor die wirtschaftlichen Verhältnisse. Am 26. Novem­ber 1782 heiratete er die Tochter des Fürstl. Sachs. Hof-Fischers zu Schwan­see, die Jungfer Wilhelmine Magdalena Stockin. (4) Seine Familie wuchs sehr schnell. Bald wohnte er nicht mehr in Goethes Hause und erhielt Kostgeld. Der Lohn als ‚Cammerdiner’ reichte nicht mehr aus. (5)

Darum suchte Sutor - wie Philipp Seidel, aber mit besserem Erfolg - einen Ne­benverdienst und richtete eine privilegierte Spielkartenfabrik ein, bald darauf noch eine Leihbücherei. […] Die Spielkarte erfuhr in dieser Zeit eine Berei­cherung und Verfeinerung ihrer Bilder, zu der bekannte Illustratoren der Al­manache und Taschenbücher beitrugen, aber auch Künstler wie Philipp Otto Runge [1777 - 1810]. Der Kommentar, den Daniel Runge nach dem Tode seines Bruders am 19. Oktober 1811 in einem Brief an Goethe gab, als er ihm Zeichnungen und Stiche schickte, ist bezeichnend für die Wertschätzung der Spielkarten: ‚End­lich seine Zeichnungen zu Spielkarten, von Gubitz in Holz geschnitten; diese dürften auch in solchen Abdrücken dem Publikum als ein kleines Kunstwerk wohlgefällig sein, und leicht würde sich dazu ein vielleicht wichtiger histori­scher Kommentar über den Ursprung dieses Zeitvertreibs in dem Ritteralter anschaffen lassen.' (6)

In Nummer 54 der ‚Weimarer Wöchentlichen Anzeigen vom Mittwoch, den 7ten Julius 1790’ inserierte er:

‚Was zu verkaufen: Da ich bey meinen häufigen Geschäften meine Leih- und Lesebibliothek nicht mehr gehörig abwarten kann, das Publikum aber die Fort­setzung gegen die geringe Abgabe derselben verlangt: so bin ich willens, dieselbe im Gantzen zu verkaufen. Liebhaber können sogleich in die Kund­schaft eintreten, und billige Bedingungen erwarten. -Christoph Sutor’

Goethe hilft dem Spielkartenmacher Sutor

Goethe half dem anstelligen Manne, wo und solange er konnte. Als Sutor 1789 zum weiteren Ausbau der Spielkartenfabrik bei der Obermarschallin von Witzleben ein Darlehen von 300 Talern aufnahm, trat sein Herr als Bürge für ihn ein. Er ließ auch in Sutors Fabrik für sich arbeiten. Das erste Stück der ‚Beyträge zur Optik’ erschien 1791 in Bertuchs Industriekontor-Verlag zur Leipziger Michaelismesse. Zu jedem Exemplar gehörte ein kleiner Karton mit siebenundzwanzig ‚Spielkarten’ mit den optischen Figuren. Goethe schrieb dem Herzog, daß er deswegen ‚bey Sutorn muß arbeiten lassen“ und. „diese Tage mit dem mechanischen der Fabrication den Patronen, Holzstöcken pp. viel Plage gehabt.' (7) Auch Fritz von Stein, der seit Ostern 1791 in Jena Jura studierte, erhielt Nachricht: ‚Die Cärtchen werden nächstens Sutor's Fabrik in Bewegung setzen.' (8)

Die Rechnung betrug:

Für 25 Dutzend Lichtkarten a 1 rhl               25. thlr
für 23 ½  ditto á 21 gr                                    20. thlr 13. gr 6. pf.

     Ferner
A)  Für 1. Holzstock und Deckelforme      8. thlr    3. gr
B)    "  5. Stempel                                         2. thlr 16.gr

C)    "   1. Blech-Patrone                             1. rthl    6. gr  (9)


Als 1797 die Bürgschaftsfrist abgelaufen war und Goethe von seiner Ver­pflichtung zurücktreten wollte, ließ er der Geldgeberin durch Minister Voigt, der das Darlehen besorgt hatte, versichern, ‚daß die Frau Obermarschallin hinlängliche Überzeugung von der Sicherheit haben möge, welche die, so viel ich weiß, wohl eingerichtete Fabrik und die sich immer gleich bleibende Thä­tigkeit gedachten Sutors, auch ohne meine Bürgschaft, ihrem Capital gewährt, daß sie es demselbigen noch fernerhin anzuvertrauen geneigt seyn möge. (10)

Wie Goethe auch Jahre nach der Trennung noch Anteil am Schicksal seiner Diener nahm, zeigt ein kurzer Briefwechsel. Minister Voigt hatte Sutor aus ei­ner Geldklemme geholfen und meldete Goethe am 27. September 1799: ‚Sutorn habe ich gestern glücklich noch geholfen, als er eben die Auktion seiner Bäume halten wollte. Es wäre eine wahre Schmach für die Kammer gewesen. (11) Goe­the dankte ihm unter dem 1. Oktober 1799: ‚Daß Sie Sutorn geholfen und eine solche reelle Verbesserung nicht haben wieder zerstören lassen, dafür sei Ih­nen doppelt Dank gesagt. (12)

Sutors Söhne arbeiteten in der väterlichen Fabrik. Der erste Sohn Sutors starb 1854, sein zweiter Sohn führte die Fabrik bis 1872. 1820 wurde C. E. Sutor in der Abschätzungsrolle für die Stadt Weimar, Bezirk E, unter Nr. 71 aufgeführt, und zwar:

Haus                                      Jahresertrag            62 rthl
Erwerb                                                                   50 rthl
Interessen [=Zinsen]           Nennwert               2880 rthl
                                            Jahresertrag            144 rthl.
1 Magd                                                                   40 rthl

Dabei stand folgender Zusatz: ‚Der Ansatz des Erwerbs scheint gering, wenn man aber berücksichtigt, daß eine Niederlage fremder Karten hier ist, und daß die hiesigen Karten auswärts nicht mehr so abzusetzen sind wie sonst, so darf man wohl in die richtige Angabe keinen Zweifel setzen.' (13) Das Geschäft hatte also an Umsatz eingebüßt, der Sechsundsechzigjährige hatte technisch nicht mit der Zeit Schritt gehalten und wurde von der Konkurrenz überflügelt. Gräb­ner erwähnt das Unternehmen aber noch in seinem Handbuche von Weimar aus dem Jahre 1830. (14)

"C. E. Sutor war bis zu der Würde eines Ratsdeputierten von Weimar auf­gestiegen und lebte als angesehener Mann bis in sein sechsundachtzigstes Jahr. Er starb am 13. Dezember 1838 in Weimar und wurde mit hohen Ehren begraben." (15)

Abb. 1: Kreuz und Pik Bube, Entwurf Philipp Otto Runge, von Gubitz in Holz geschnitten. (Sammlung Gerd Matthes)

Soweit zu Walter Schleif, die angegebenen Fakten sind sicher weitgehend korrekt. Geheiratet hat er 1782, 1790 verkauft er seine Leihbücherei, bekommt auch 1789 einen Kredit für “den weiteren Ausbau“ seiner Karten­fabrik, Kammerdiener bei Goethe war er von 1776 bis 1795, er wohnte in Goethes Gartenhaus. (16) Die Heiratsurkunde findet sich in den Kirchenbüchern. (17)

Spielkartenkonzession für Goethes Kammerdiener

„Herr Christoph Erhardt Sutor, Cammerdiener bey Ihro Hochwohlgebornen dem Herrn Geheimen Rath von Goethe allhier, weiland Meister Heinrich Wilhelm Sutor, Bürgers und Weißbäckers zu Erfurth nachgelaßener eheleiblicher mittelster Sohn und Jungfer Wilhelmine Magdalene Stockin, Herrn Johann Michael Stocks, Fürstl. Sächß. Hoffischer zu Schwansee eheleibl. zweite Tochter [sind] am 26.11. a.c. in der Stadtsacristey von Hn. Diac. Schröter kopulirt worden.“

Die Konzessionsurkunde von C. E. Sutor befindet sich im Thüringer Hauptstaatsarchiv Weimar. (18) Nachfolgend der Antrag von C. E. Sutor, dieser ist datiert auf den 30. Mai 1789. (19)

„Seit zwey Jahren habe an einem Plan einer Kartenfabrik allhier zu errichten, gearbeitet und die Sache ist mir nunmehro so weit gelungen, daß ich durch viele darauf verwendete und mit mancherley Kosten verknüpft gewesene Bemühungen nicht allein die nöthige Kenntniß darin erlanget, sondern auch beschlossen habe, mein Vorhaben auf meine eigenen Kosten nach beyliegender teutschen Kartenprobe zur Ausführung zubringen.

Da nun dieses eine Unternehmung ist, worunter meines Dafürhaltens, nicht einer einzigen Persohn in Ew: Herzogl. Durchl. Fürstl. Landen Abbruch geschehen dürfte, sondern wodurch vielmehr Nutzen gestiftet und sowohl eine jährlich für diesen Handelsartikel ausser Landes gehende ansehnliche Geldsumme darinnen erhalten, als auch durch den auswärtigen Absatz Geld ins Land gezogen werden kann.

So wage ich es Ew: Herzogl: Durchl. um gnädigste Beförderung derselben durch Ertheilung eines ausschließenden Privilegii in Höchst Dero beyden Fürstenthümern und zugehörigen Landen auf mein Lebenszeit unterthänigst zu bitten.

Ich mache mich verbindlich alle Sorten Karten; als Taroc-, französische und teutsche Karten, wie sie zeithero von auswärtigen Orten eingebracht werden, um eben den Preiß, und von eben der Güte und Feinheit, wo nicht noch feiner und günstiger zu leisten, wenn Ew: Herzogl. Durchl: den Debit aller fremden Karten, von der Zeit an, wo ich gezeigt, daß ich Höchst Dero sämtliche Lande genugsam versehen könne zu verbieten, oder ein höheres Stempelgeld, als das zeithergewöhnliche auf fremde Karten zu setzen gnädigst geruhen wollten. Ich getröste mich gnädigen Erhörung in derjenigen tiefsten Unterthänigheit womit ich lebenslang beharre.

Ew: Herzogl: Durchl.  Weimar den 30 sten May 1789.

                           Unterthänigster Knecht Christoph Erhart Sutor.“

 

Auf Grund der Vorschriften vor 1800 war es zwingend notwendig, dass ein „Kartenfabrikant“ diesen „zünftigen Beruf“ richtig erlernen musste um eine  Konzession zu bekommen. Für C. E. Sutor stand das immer in Frage. Seine Tätigkeiten als 2. Kammerdiener bei Goethe haben ihm sicher wenig Zeit gelassen, ein zusätz­liches Handwerk zu erlernen. Allerdings scheint C. E. Sutor nach eigener Aussage schon bis zu zwei Jahre vorher mit dem Aufbau einer Kartenfabrik beschäftigt gewesen zu sein, schreibt er doch in seinem Antrag: „Seit zwey Jahren habe an einem Plan einer Kartenfabrik allhier zu errichten, gearbeitet.“. Begünstigt war die Entwicklung durch die Abwesenheit Goethes, der von September 1786 bis 1788 in Italien weilte (Italienische Reise).

 

Da C. E. Sutor die Protektion von Goethe und damit sicher auch die des Weimarer Regenten besaß, wäre eine Sondererlaubnis für eine Konzession durchaus denkbar. Sutor hat sich aber anscheinend intensiv bemüht, das Handwerk zu erlernen. (20) Als erstes stellt er eine deutsche Karte her, die dem Antrag von 1789 beigelegt war. Diese Spielkarte ist sicherlich einmal von der Akte getrennt wurden und heute leider nicht mehr auffindbar?

Abb. 2: C. E. Sutors Unterschrift unter dem Konzessionsgesuch

 


C. E. Sutor war sehr selbstbewusst, er kündigt an „alle Sorten Karten“ zu fertigen und plant auch schon den Export (über die Landesgrenze des Herzogtums) seiner Spielkarten. Gleichzeitig strebt C. E. Sutor auch ein Monopol als alleiniger Hersteller von Spielkarten im Herzogtum Sachsen-Weimar an.

Üblicherweise wird eine amtliche Stellungnahme eingefordert, die am 2. Juli 1789 zu den Akten eingereicht wird. In dieser Stellungnahme wird das Gesuch von C. E. Sutor in allen Punkten befürwortet (21): "…weil es auf inländische Verfertigung einer Waare abzielt, die bisher außerhalb Landes erkaufft werden müsse…“ und weiter

„[…] als bis zu welchen Zeit-Punkt der Supplicant auch, zur Begünstigung seiner Unternehmung, mit Abgabe eines Canons oder Gewerbesteuer verschont, und ihm bloß die Accis- und Stempel-Gelder-Abgabe ausgenommen werden möchte.“.

An dieser Stelle wird noch erwähnt, dass es 1764 ein ähnliches Gesuch zur Gründung einer Spielkartenfabrik gegeben hat, das aber wegen mangelnder Unter­stützung scheiterte. (22) )m Fürstentum Eisenach ist man skeptischer und will anfangs ein Monopol vermeiden, stimmt aber dann doch zu. (23)

„[…] dass dem mehrerwähnten Sutor die erbetene Concession zu Anlegung einer Spiel-Karten-Fabrik zu ertheilen ohnbedenklich sey.“

Abb. 3: Kopf der Konzession für Christoph Erhard Sutor, mit allen Titeln des Regenten Herzog Carl August

 

Mit der Konzessionsurkunde liegt eindeutig die Gründung der Kartenfabrik in Weimar fest: November 1789. Schon im März 1790 gibt es Ärger mit der „Accise Casse“. In der Konzession steht wörtlich „exclusive der Accise-Abgabe“. Die Behörde verlangt von C. E. Sutor das er für seine hergestellten Karten Akzise bezahlen soll. Dagegen erhebt er mit einem Schreiben vom 19. März 1790 mit einer ausführlichen Begründung Einspruch. (24)

Die Behörde, das „Geheimes Concilium“, bezieht sich in der Erklärung der Begründung auf eine eigenwillige Interpretation mit folgenden Passus.

„Nach dem Sprachgebrauch, saget aber dieses Wort hier nur soviel, daß neben außer, oder nicht der Accise-Abgabe, der Stempel-Gelder erlegt werden müßten."

und später:

„Übrigens gründet sich mehr gemeldte Accis-Abgabe auf Landschaftliche Verwilligung, und ist umdeswillen auf die Karten gelegt worden, weil diese vonallen zum Luxus gehörigen Dinge das entbehrliche sind“.

Soweit es der Akte zu entnehmen ist, bleibt es aber bei dem Privileg von C. E. Sutor. In der Begründung heißt es eindeutig „exclusive heißet gewöhnlich ausschließend.“. Noch 1790 wird veranlasst, dass C. E. Sutor seine Produktionskosten offen legen soll. Er liefert daraufhin eine umfangreiche Zusammenstellung. (25)

Ob es sich bei der Zusammenstellung um echte Herstellkosten handelt ist die Frage, die Kosten scheinen „angepasst“ zu sein. Sicher hat C. E. Sutor am Anfang Probleme gehabt, aber seine späteren Absatzzahlen und seine hinterlassenes Vermögen zeigen, dass er ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann gewesen ist (26). Sein Wunsch „wenigstens 6 bis 8000 Dutzend jährlich Karten“ abzusetzen ist nicht ganz in Erfüllung gegangen, wie aus den Produktionszahlen hervorgeht.

Abb. 4: Barocke Spielkarten von Christoph Erhard Sutor, Weimar, um 1790, Teil eines Druckbogens. (Sammlung Gerd Matthes)

Im Mai 1790 hat C. E. Sutor dann auch die in seiner Konzession geforderte Nachricht „das ganze Land zu versorgen“ herausgegeben. Im Juni 1790 verfügt deshalb das „Fürstl. Hof Marschall Amt". (27)

„[…] dass die bei Hof gebraucht werdende Spiel Charten, da ferne solche nur von annehmlicher Qualität seyn werden, lediglich aus der hiesigen Fabrik genommen werden mögen“.

Im Mai 1792 gibt C. E. Sutor an (28):

„In der kurzen Zeit als so lange ich meine Karten Fabrik angefangen, hat sich dieselbe so ausgebreitet, daß ich gegenwärtig mit sieben Arbeitern Tag und Nacht nicht genug Karten liefern kann.

Ausser den viel angeschafften Formen und Geräthe welche mir einen beträchtlichen Aufwand verursachen gehöret nun ernstlich ein immer währender Vorrath von allerley Sorten Pappier, farben, welche bey den gegenwärtigen Mangel der Ersteren wo nicht im voraus, jedoch gleich pronto bey der Überlieferung bezahlet werden muß“.

Das ist bemerkenswert, C. E. Sutor hat mit seinen Produkten genau den Nerv der Weimarer Gesellschaft, aber auch der Bauern des Umlandes getroffen. Er kann selbst mit sieben Arbeitern nicht die anfallenden Aufträge bewerkstelligen. C. E. Sutor musste sogar Bestellungen wegen Papier-mangels stornieren.

In einer Zeitungsannonce wehrt sich C. E. Sutor 1797 gegen ungerechtfertigte Beschuldi­gungen (29):

„Bekanntmachung
Da seithers an verschiedenen Orten unter meinem Namen geborgt worde, so will ich das Publikum wohlwarnend hiervon benachrichtigen, ohne baare Zahlung oder schriftliche Versicherung auf mich nicht zu geben, wenn sie nicht ihrer Forderung verlieren wollen. Schöndorf 5. Juni 1797
Christoph Sutor Herzog. Privil. Kartenfabrikant“

Erstmals wir hier der Ort „Schöndorf“ als Fabrik Adresse erwähnt. Diese Adresse wird als Eintragung im Buch von Friedrich Albrecht Klebe um 1800 bestätigt. (30)

„Man trifft einen reinlichen Gasthof an. Der Weg dahin ist bergigt. Man findet hier eine Kartenfabrik, die dem Gastwirt gehört.“

Mit der Kartenfabrik in Schöndorf entzog sich C. E. Sutor höchst-wahrscheinlich allen städtischen Pflichten, z.B. dem Zunftrecht und dem Bürgerrecht.

Das Bürgerrecht hat C. E. Sutor laut nachweislicher Eintragung im Stadtarchiv erst 1810 erhalten. (31) Er kauft ein Haus in Weimar und spätestens jetzt siedelt er um und produziert auch in Weimar.

„[…] den 30. April 1810 hat der Kartenfabrikant H Christoph Erhard Sutor, wegen hier erkauften Hauses das Bürgerrecht gewonnen“.

Er bezahlt für das Bürgerrecht 18 Taler, für einen Feuereimer 1 Taler und für Obstbäume ebenfalls 1 Taler.

In einer Anzeige im Weimarischen Wochenblatt von 1816 gibt er bekannt. (32)

„An der neuen Straße in der Spielkartenfabrik ist das mittelste Stockwerk, in welchem zwei Stuben, drei Kammern, Vorsaal, Küche, Gang, Keller und Holzstall, zu vermiethen, welches auf Weihnachten bezogen werden kann.“

Verstorben ist Christoph Erhard Sutor 1838 im Alter von 86 Jahren. (33)

„Verstorben 13. Decbr. 1838 mit Rede am Grabe [Begräbnis]. H. Christoph Erhard Sutor, B[ürger]., Kartenfabr. und ehemal. Rathsdeputierter im Alter von 86 Jahren an Entkräftung. Verheiratet gewesen. Er hinterlässt eine Witwe und mehrere Kinder.“

C. E. Sutors Söhne lernten und arbeiteten in der Kartenfabrik des Vaters mit. Carl Gottlieb Sutor, der älteste Sohn, geht nach seiner Hochzeit am 20. Oktober 1812 mit Eva Sophie Knaut, einer Schwester des späteren Weimarer Kartenfabrikanten, nach Naumburg und gründet dort eine eigene Spielkartenfabrik. (34)

Abb. 5: Nachfolge Christoph Erhard Sutor


Der Ausklang der Kartenfabrik von C. E. Sutor in Weimar ist noch ungeklärt. In den umfangreichen Forschungsunterlagen des verstorbenen Naumburger Spielkartensammlers Erwin Kohlmann findet sich der Satz (35):

„Chr. Th. T. Sutor hat, ehe er die Naumburger Kartenfabrik übernahm, das väterliche Unternehmen geleitet oder mitgeleitet.“.

Also hat der jüngere Sohn Christian Theodor Traugott Sutor die Kartenfabrik in Weimar für seinen Vater weiter geführt. Denn 1816 war sein Vater Christoph Erhard Sutor immerhin schon 60 Jahre alt. Fest steht, dass sein Beruf als Kartenfabrikant 1823 mit der Übergabe der Konzession durch Traugott Knaut endet. Als der Bruder Carl Gottlieb Sutor 1822 verstorben ist, konnte er die väterliche Kartenfabrik in Weimar vermutlich nicht weiterführen, weil er nun im 45 km entfernten Naumburg gebraucht wurde. Er siedelte von Weimar nach Naumburg um und heiratete seine Schwägerin die Witwe Eva Sophie Knaut. Durch die Heirat der Kartenmacher-Witwe ging die Kartenmacher-Konzession ohne erneuten Antrag in seinen Besitz über.

Caspar Traugott Knaut (1790 - 1881)

Nachfolger der Sutor´schen Fabrik war der bereits familiär verbundene C. T. Knaut. Er wurde am 20. April 1799 in Groß­kromsdorf geboren (36). Die Familie Knaut aus Großkromsdorf ist weit verzweigt und eng mit der Wei­marer Wirtschaft verbunden. Johann Friedrich Knaut, geboren am 12. Juni 1758, Ökonom und Steuereinnehmer in Großkromsdorf, war verheiratet mit Christine, geborene Unger. Aus dieser Ehe stammen u.a. die Kinder:

Eva Dorothea: Geboren am 12. Juni 1790 in Großkromsdorf, älteste Tochter, heiratet am 20. Dezember 1812 Carl Gottlieb Sutor und folgte ihm nach Naumburg (siehe dort). (37)

Caspar Traugott: 4. Sohn, geboren am 17. April 1799 in Großkromsdorf, lebt bis 1821 im Hause der Schwester in Naumburg.

Caspar Traugott Knaut heiratet am 8. September 1823 „vor dem Altar in der Stille" (38):

 „Aufgebot ab Dom. [Sonntag] XIII p. Trin. in allhier und Großcromsdorf.
Herr Caspar Traugott Knaut, Bürger und privilegierter Kartenfabrikant allhier, weil. Johann Friedrich Knauts, nachbarl. Einwohners, Anspänners und Gerichtschöppens in Großcromsdorf ehel. vierter Sohn und Jgfr. Helene Friederika Wilhelmina Langbein [spätere Einfügung: † 14. Mai 1886], weil. Mstr. Carl Gottlieb Langbeins, Bürgers u. Sattlers allhier nachgel. ehel. jüngste Tochter.

Abb. 6: Vier Schwerterkarten, Herz 8, Traugott Knaut um 1825-1830. (Sammlung Gerd Matthes)

In der Hochzeitsanzeige wird Caspar Traugott Knaut bereits als „privilegierter Karten­fabrikant allhier“ bezeichnet. Der Antrag für die Konzession und die Konzessions­urkunde von Caspar Traugott Knaut findet sich in der schon häufig zitierten Akte von 1823 im Staatsarchiv. (39)

„Traugott Knaut aus Großcromsdorf hat mittelst Schreibens vom 3. v. M. bey uns vorgestellt, daß der von Ew: Königl: Hoheit mit einem Privilegio cum jure prohibendi zur Spielkarten Fabrikation in den Weimarschen Eisenachischen und Jenaischen Landestheilen begnadigte Christoph Erhardt Sutor hier geneigt sey, ihm das Fabrikgeschäft zu überlassen, daher er um Übertragung jenes Privilegii bitte.“

In den üblichen Stellungsnamen wird nach den Geldmitteln und nach der Geschicklichkeit des Antragstellers Caspar Traugott Knaut gefragt. Beides wird von den Gutachtern positiv angesehen:

„Hierauf hat der Stadtrath unterm 28. v. M. berichtet, dass Knaut sowohl durch sein Vermögen, als durch seine Geschicklichkeit und sonstigen Verhältnisse zur Uebernahme des fraglichen Geschäfts geeignet sey, wie auch daß seine Aufnahme zum hiesigen Bürger nichts entgegenstehe“. (40)

Es bestehen also keine Bedenken:

„Die Landes Direction legt das auf Traugott Knaut transfiribirte, dem Christoph Erhard Sutor allhier erteilt gewesene Privilegium Spielkarten-Fabrikation zu gnädigst gefällige Vollziehung unterthänigst vor.“

Begründet wird alles „durch die geschehene Vergrößerung unseres Landes“.

Jedoch zeigt die Konzessionsurkunde einige Einschrän­kungen, die sich Knaut im Gegensatz zu seinem Vorgänger gefallen lassen muss. (41)

Nach dem Einwohnerverzeichnis Weimars von 1820 ist Caspar Traugott Knaut noch „Hand­arbeiter“. (42)

 

NameBerufAnzahl
Bedienst
.
Steuer
Nr
.
DietrichKartenmacher
zu Berlin
     -D 239
KnautHandarbeiter     -B 128
SutorKartenfabrikant     1E 079

 

 So arbeitet Caspar Traugott Knaut vermutlich als Formschneider bei Sutor. (43) Beim ehemaligen Sammler und Forscher Erwin Kohlmann gibtes einen Hinweis (44): „Im Domizil Sutors [bei Carl Gottlieb Sutor in Naumburg] sind wohnhaft Formenschneider Johann Traugott Knaut aus Kromsdorf, geb. 1800, ein Vetter (45) von Sutors Frau, ferner der Kartenmacher Karl Neumann aus Steyer“.

Und weiter (46):

„Madame Sutor schenkt ihrem zweiten Mann, wie schon dem ersten, drei Kinder. Das zweite Kind, Theodor Otto, geboren 1825, wird als dritter und letzter Sutor die Fabrik weiterführen und schließlich verkaufen. Chr. T. Sutor hat, ehe er die Naumburger Kartenfabrik übernahm, das väterliche Unternehmen geleitet oder mitgeleitet. Von ihm, dem ohne Zweifel Tüchtigeren der zwei Brüder, wird die Fabrik zu neuem Leben erweckt. Die Wahl der Paten läßt schon auf unterschiedliche Sinnesart der Brüder schließen. Während in Frau Sophiens erster Ehe der Taufakt nacheinander alle möglichen Verwandten versammelt, werden nun in erster Linie Geschäftspartner herbeizitiert. Nach wie vor Erscheinen natürlich Vater und Mutter Sutor aus Weimar, dann aber der Papierfabrikant Kunicke aus Schulpforte, der seit 1815 Papier herstellt, und von den Knauts lediglich Traugott Knaut, der Kartenfabrikant aus Weimar, der das letzte Kind aus der Taufe hebt.“

Auch hier wird Knaut als Kartenfabrikant bezeichnet, allerdings ist dieser Eintrag erst nach 1825 zu datieren.

 Abb. 7: Schwerterkarte, Tr. Knaut um 1825, Holzschnitt koloriert. (Sammlung Gerd Matthes)

 

Zum Schutz der inländischen Fabrikate und des Herstellers Caspar Traugott Knaut wird der Spielkartenhandel und die Fertigung zum Staatsmonopol erklärt.

Caspar Traugott Knaut stellt Tarock-Karten, vermutlich zwei französische Karten (Whist und L’hombre) und mindestens drei verschiedene deutsche Karten her. Die deutschen Karten werden unterschieden nach altdeutsche, feine und kleine Schwerdterkarten in zwei Klassen.

Für den weiteren Lebensweg von Caspar Traugott Knaut helfen Einwohnerverzeichnisse (47) und Adressbücher weiter. Die „Adressbücher der Residenzstadt Weimar“ beginnen erst im Jahr 1839, dort findet man folgende Einträge:

  • Knaut: Spielkarten-Fabrikant und Stadtverordneter, Bürgersch. Str. F 72
  • Sutor: Kartenfabrikwtw., Jakobsplan D 22

 
Im „Adressbuch der Residenz-Stadt Weimar auf das Jahr 1853“, ist
Caspar Traugott Knaut weiterhin Kartenfabrikant, in der „Bürgerschulstr. F. 72“ genannt (48). Im „Allgemeinen Adreß-Buch der Großherzoglichen Haupt- und Residenz-Stadt Weimar auf das Jahr 1855“, wird ein „Knaut, B.“ als „Kartenfabrikant, Bürgerschstr. F 72“ geführt. (49) Im Verzeichnis der Geschäfts- und Gewerbetreiben­den sind die Fabriken: „Die Hagenbruchsche Kammwollengarnspinnmühle bei Oberweimar H 39“ und „Die Knautsche Spielkartenfabrik F 72“ erwähnt. Ein zweiter Eintrag lautet: „Spielkartenfabrik, Bürgerschulstr. F 72“.

1857 wird der Hausbesitzer und Kartenfabrikant „Knaut, B.“ unter der alten Adresse erwähnt. Die gleiche Eintragung findet sich auch für das Jahr 1861. 1865 wohnt Traugott Knaut immer noch in der „Bürgerschulstr. F 72“. Im Nachweis sämtlicher Geschäfts- und Gewerbetreibenden, steht die Kartenfabrik alphabetisch korrekt an neunter Stelle. 1869 wird Knaut weiter in der „Bürgerschulstr.“ erwähnt, unter „Fabriken“ werden die Kartenfabriken von Heinemann und Knaut genannt.

Abb. 8: Feinste L'hombre Karte, französisches Blatt, Traugott Knaut nach 1840. (Sammlung Gerd Matthes)


1872 weiterhin als „Knaut, Tr.“ als Kartenfabrikant. 1876 ist die Firma Knaut jetzt in der Schloßgasse 22, ein „Hempel, A.“ wird als Spielkartenfabrikant und als Inhaber „Traug. Knaut’s, Kartenfabrik“ geführt.

Knaut lebt zwar noch bis 1881, aber als Rentier. Er hat seine Spielkartenfabrik um 1873 an seinen Nachfolger Adolf Hempel übergeben.

Die genaue Todesanzeige findet sich im Totenbuch. (50)

„Knaut, Kaspar Traugott, Rentier, Bürger und Kartenfabrikant hier. Dessen hinterlaßene Ehefrau Helene Friederike Wilhelmine Knaut, geborene Langbein von hier. geb. 17. Mai 1799 in Großcromsdorf, verstorben 20. Mai 1881 an Gehirnschlag. Er hinterlässt Ehefrau und 3 Töchter.“


Friedrich Heinemann

1844 hat ein Fried. Heinemann in Altenburg versucht eine Konzession zu bekommen, dies wurde abgelehnt. (51)

Seit 1847 ist Heinemann, Kartenmacher, Lindenberg F 68 in den Adressbüchern in Weimar verzeichnet. 1857 nennt die Eintragung im Adressbuch: „Heinemann, F. Kartenmacher, Rollpl. D 89 b, Hausbesitzer“.

Die gleiche Eintragung findet sich auch für das Jahr 1861. 1865 wohnt „Heine­mann, F.“ in der „Wurstgasse, E 113“, 1869 ist Heinemann schon wieder umge­zogen, nun in die „Breitengasse, E 39“, der Hausbesitzer ist hier die Schneidermeister Witwe Gernhardt. Die häufigen Wohnungswechsel sprechen nicht unbedingt für einen geschäftlichen Erfolg.

Wieviel Spielkarten er in ca. 25 Jahren seiner Produktion hergestellt hat ist ungewiss. Von Friedrich Heinemann sind bisher keine Spielkarten bekannt.


Johann Theodor Adolph Hempel (1826 - 1888)

Erwähnt wird im Einwohnerverzeichnis eine Familie Hempel. (52)

  • Hempel, Johann Theodor: Sattlermeister, geb. 1. Okt. 1826 in Weimar, Vater Sattlermeister David Hempel in Weimar
  • Hempel, Charlotte Karoline: Ehefrau des Sattlermeisters, geb. 23. August 1823, Name des Vaters Kartenfabrikant Knaut, Tag der Verpfl[ichtung]. 17. November 1848, Gebühr 5 Th.
  • Hempel, Karl Emil Theobald: Sohn des Sattlermeister Th. Hempel, geb. am 16. März 1853, wird Sattler, Eintrag 1886, 23 Jahren Bürgerrecht.
  • Hempel, Karl August Louis: Kaufmann, geb. 16. Mai 1855 in Weimar, Vater Sattler­meister Th. Hempel, Tag der Verpfl. 16. März 1886

Die Angaben im Einwohnerverzeichnis werden bestätigt durch das Taufbuch. (53)

„Wohnung Deinhardtsgasse 34. Geburt 5. Februar 1850, Hempel Theodor Carl Adolph, ehel. Sohn. Eltern: Hempel, Karl Johann Theodor, Bürger u. Sattlermeister hier und dessen Ehefrau Charlotte Karoline Knaut von hier. Paten: 1. Traugott Knaut, Bürger u. Kartenfabrikant hier [Großvater] 2. [nicht wichtig], 3. Jgfr. Therese Hempel, Sattlermeisters Tochter von hier.“

 

Abb. 9: Stammbaum Familie Hempel

 

Der Vater von Johann Theodor Hempel heiratet also eine der Töchter von Caspar Traugott Knaut. Durch die Todesanzeige ist klar, das Caspar Traugott Knaut keine männlichen Nachkommen hatte und deshalb auch keinen unmittelbaren Nachfolger.

Das dürfte dem Zeitpunkt der Übernahme der Knaut'schen Spielkarten­fabrik entsprechen.

Der Eintrag „Tag der Verpfl. 12. April 1875“ stellt den Tag des Erhalts des Bürgerrechts dar. 1879 wird Hempel als „ Hempel, A. Spielkarten­fabrikant, Inh. d. Firma: Traugott Knaut’s Kartenfabik (Tabak-, Colonialwaaren u. Papierhandlg.), Schloßg. 22, s. Versich.-Gesellschaf.“. Der Hinweis auf die Versicherungsgesellschaft bezieht sich auf seine Eigenschaft als Versicherungs­vertreter der „Leipziger Feuer Versicherung-Gesellschaft“, deren Unteragent er war.

Abb. 10: Kinderkarte, Johann Adolph Hempel um 1876, Lithographie. (Sammlung Gerd Matthes)

 

Abb. 11: Schwerdter-Karte, Johann AD Hempel, 1880, Lithographie. (Sammlung Gerd Matthes)


Die Verwandtschaft zwischen Knaut und Hempel wird durch den Eintrag noch einmal bestätigt: „Knaut, T. Spielkartenfabrik, Schloßgasse 22, Inh. Kartenfabrikant Adolph Hempel des.“ und im Verzeichnis sämtlicher Häuser: „Schlossgasse 22: E. Hempel, Frau, geb. Knaut, Hempel Spielkartenfabr., T. Knaut Kartenfabrik“.


Abb. 12: Anzeige im Adressbuch für die Stadt Weimar, 1876, S. 139


1884 und 1888 wird Hempel bezeichnet mit: „Hempel, A. Spielkartenfabrikant (Tabak-, Papier, Lack, Farben, Firnis, Droguen- u. Tapetenhdlg.), Kassirer der Ortskrankenkasse, B, Schlossgasse.“. Bei Hempel scheint der Geschäftserfolg der Spielkartenfabrik stark rückgängig gewesen zu sein, sonst wären nicht noch weitere Tätigkeiten notwendig geworden.

1889, 1890 und 1892 lautet der Eintrag: „Hempel, L. Spielkartenfabrikantenwe (Farb- und Tapetenhandlung), Schloßg. 22“, unter Fabrikanten ist kein Eintrag mehr.

Verstorben ist Karl Theodor Adolph Hempel am 3. Oktober 1888, die Todesursache war ein Blutsturz.

Mit Hempel endet die Geschichte der Spielkartenhersteller in Weimar nach 100 Jahren.

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Quellen, Anmerkungen und Fußnoten

(1) Schreiber, W. L.: Die ältesten Spielkarten und die auf das Kartenspiel Bezug habenden Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts. Straßburg 1937, S. 53. Auch ab S. 131 "VI. Die Kartenmacher", keine Erwähnung Weimars.

(2) Hofer, Johannes: Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche. Band 2, Bibliotheca Franciscana II, Heidelberg 1965, S. 164, "2. –Die Universitätsstadt Erfurt". 27. August bis 24. September 1452.

(3) Siehe ausführlich bei Schleif, Walter: Christoph Erhard Sutor. 1776 – 1795. In: Goethes Diener, Beiträge zur Deutschen Klassik, Weimar 1965, S. 90 ff.

(4) Weimarer Hofkirche, Traubuch 1782.

(5) In den Rechnungsbelegen finden sich Vorschußzettel, auf denen die Frau mit ungelenker Hand quittierte: "Zwölf Thaler erhalten d. 8. Juny 1784 W. M. Sutorin." [Goethe- und Schiller-Archiv der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar, künftig GSA], (GSA, Rechn. V. 5, 43.) Seidel fügte darunter an: "Annoch durch Götzen 1 Laubthlr. d. 7 Jul."

(6) Philipp Otto Runges Briefwechsel mit Goethe. Hrsg. von Hellmuth Freiherr von Maltzahn. Weimar 1940, S. 108 f. (= Band 51 der Schriften der Goethe-Gesellschaft).

(7) Thüringer Landes-Haupt-Archiv in Weimar, Weimarische Zeitung 1790.

(8) Goethes Werke. Hrsg. Im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen (Weimarer Ausgabe), [künftig WA], WA IV, Band 9, S. 279.

(9) GSA, Rechn. XI, 1,47.

(10) WA IV, Band 12, S. 175

(11) Goethes Briefwechsel mit Christian Gottlob Voigt, Band 2, Weimar 1951, S. 187 (= Band 54 der Schriften der Goethe-Gesellschaft).

(12) Ebenda, S. 90

(13) Thüringer Landes-Haupt-Archiv in Weimar, B 18110.

(14) Gräbner, Die Großherzogliche Haupt- und Residenzstadt Weimar [...]. S. 95. Eintragung wohl nicht korrekt, 1823 übernimmt Knaut die Konzession.

(15) Weimarer Stadtkirche, Totenbuch 1838.

(16) Das Gartenhaus musste Sutor einige Zeit nach seiner Heirat verlassen, da die Familie schnell wuchs. Er richtete seinen Hausstand im Bereich Jacobsplan ein und betrieb dort auch anfangs seine Spielkartenfabrik.

(17) Traubuch der Hofkirche Weimar 1762 – 1800, Anno 1782. Eheschließung eingetragen für 26. November 1782. Die Familie Stock stammt, wie die Familie Knaut, aus Großkromsdorf. Der Vater von Johann Michael, Johann Friedrich, Großkromsdorf, hatte am 5. Oktober 1717 die jüngste Tochter, Maria Regina, des Hoffischers Johann Martin Hartz, Weimar, geheiratet, übernahm später das Amt des Schwiegervaters und übertrug es auf seinen am 3. Februar 1719 geborenen Sohn. Ich danke Herrn Dr. Johannes Jäger, Possendorf für die Mitarbeit.

(18) Die Konzessionsurkunde be­findet sich in der Akte: ThHStAW, Handel, Industrie, Eisenbahn, Zoll, Ea – Nr. 59. „Geheime Canzley-Acta. Das von Christoph Erhard Sutor, alhier, angebrachte Gesuch um die Ertheilung eines Privilegii zu Anlegung einer Spiel Karten Fabrik, betr., ingleichen die Transkripzion dieses Privilegii auf Traugott Knaut alh. Betr., ingleichen das Gesetz über das Spielkarten Monopol und den Spielkarten Stempel vom 2. Januar 1834 betr., ferner die Verordnung zu vorstehendem Gesetze, d. 20. Nov. 1840“. (künftig ThHStAW, Ea – Nr. 59).

(19) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 1.

(20) An anderer Stelle ist in dieser Akte von zwei befreundeten Leipziger Kartenmachern (ohne Namensnennung) die Rede, dass lässt vermuten das er von dieser Seite Unterstützung hatte.

(21) Das ist ungewöhnlich, bei ähnlichen Gesuchen in anderen deutschen Ländern, werden fast immer Bedenken geäußert, hier nicht. Meiner Meinung nach kommt hier ganz deutlich die Protektion von Goethe und damit letztendlich des Regenten zum Ausdruck. ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 4, 5.

(22) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 8.

(23) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 9.

(24) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 23 - 25.

(25) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 31 – 34. „26. April 1790“.

(26) Die alleinige Konzession mit dem Privileg auf Lebenszeit und damit verbunden sogar noch ein Einfuhrverbot, ist wie eine Lizenz zum Gelddrucken.

(27) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 50. Noch 1790 werden „Regensburger Tarock Karten, die incl. Accise und Stempelgeld“ das Dutzend 4 18/6 - gekostet haben, eingeführt. Dazu „extrafeine franzl. Pharo-Karten 1 Dtzd. 1 9/6 -.“ und „Extra feine Plan. Teutsche karten 1 Dtzd. 1 4 -“. Eingelegter Zettel in der Akte, S. 36.

(28) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 58.

(29) Annonce in „Weimarische Wöchentl. Anzeigen, Num 53, 5te. Juli 1797“. Wir danken Herrn Dr. Thomas Petri für diesen Hinweis.

(30) Klebe, Friedrich Albrecht: Historisch-statistische Nachrichten von der berühmten Residenzstadt Weimar. S. 105. „Schöndorf“. Schöndorf ist eine Wüstung und wurde um 1700 neu gegründet. Es bestand zunächst nur aus einer Gehöftzeile und entwickelte sich später zum Straßendorf. Schöndorf gehörte zum engeren Kreis der Dörfer, die den Burg- bzw. Schlossbereich zu versorgen hatten. Erst 1939 nach Weimar eingemeindet.

(31) Stadtarchiv Weimar, Bürgerrecht 30. April 1810, S. 576.

(32) Stadtarchiv Weimar, Beilage zu Nr. 76 des Weimarischen Wochenblattes vom 20. September 1816. „Angebotene Stellen und Sachen 16“. Ich danke Frau Gisela Schlüter, Weimar für diesen Hinweis.

(33) Totenbuch der Stadtkirche Weimar 1830 – 1840, S. 245, Nr. 205.

(34) Kohlmann, Erwin: Eine Naumburger Spielkartenfabrik des Biedermeier. In: Marginalien der Pirkheimer Gesellschaft, 8 (1960), S. 26 ff (künftig Kohlmann, E., 1960), S. 27.

(35) Kohlmann, E., 1960, S. 29.

(36) Laut Totenbuch der Stadtkirche Weimar 1879 – 1882, S. 117.

(37) In der älteren Literatur wird entweder Vetter oder Onkel angegeben. Sie ist aber die Schwester von Traugott Knaut.

(38) Traubuch der Stadtkirche Weimar, 1784 – 1821.

(39) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 82. „Weimar den 3. July 1823.“. „Die Landes Dirction berichtet in Betreff der von Traugott Knaut nachgesuchten Transfoription des Sutorschen Spielkarten Fabrikations Privilegiums.“.

(40) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 85. „Weimar den 17. July 1823“.

(41) ThHStAW, Ea – Nr. 59, S. 86 A. (“Abschrift aus den Landesdirections-Akten“).

(42) ThHStAW, B 18106 - 18112.

(43) Traugott Knaut hat als Formschneider bei Carl Gottlieb Sutor in Naumburg gearbeitet. Noch 1821 wird er im Hausbewohnerregister Sutors erwähnt, siehe Kohlmann, E., 1960, S. 28. Auch hier wieder Differenzen bei den Daten. Knaut kann kaum 1820 in Weimar und dann 1821 in Naumburg tätig gewesen sein, um dann 1823, wieder in Weimar, zu heiraten und Kartenfabrikant zu werden.

(44) Kohlmann, E., 1960, S. 28. Gibt für Knaut das Geburtsjahr 1800 an.

(45) Falsche Angabe: Richtig Bruder.

(46) Kohlmann, E., 1960, S. 29.

(47) Stadtarchiv Weimarer, Bürgerbuch 1839 – 1919.

(48) Im Bürgerschul-Bezirk mit dem Bezirksvorsteher Schneidermeister Wenter (Geleitstraße F 7) war der Karten-Fabrikant Knaut Hausbesitzer von F 72.

(49) Dabei handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, es heißt nicht „B. Knaut“, sondern natürlich „T. Knaut“.

(50) Totenbuch der Stadtkirche Weimr, 1879 - 1882, S. 117, Nr. 707

(51) „Kartenmacherliste aus Altenburg“, Herausgegeben vom Deutschen Spielkarten-Museum in Leinfelden-Echterdingen, 1981

(52) Stadtarchiv Weimar, Bürgerbuch.

(53) Kirchenbuch der Stadtkirche Weimar, Taufbuch 1848 – 1851, S. 221.

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Gerd Matthes ist Mitglied der Deutschen Spielkartengesellschaft "Bude-Dame-König", des Österreich-Ungarischen Spielkartenvereins "TALON".
Website: spielkarten24.de