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Spielertypen

“Ich spiele eigentlich überhaupt nicht...”

diese oder ähnliche Reaktionen, bekommen Ludologen nicht selten zu hören, wenn sie von ihrem Beruf als Spielwissenschaftler erzählen. Dabei ist es einer der wichtigsten ludologischen Grundgedanken, dass Spielen ein kulturelles Grundphänomen und sogar ein Grundbedürfnis des Menschen darstellt.

Am Ende des Tages ist jeder von uns, zu jeder Zeit, freiwillig und selbstmotiviert in irgendeine Art von Spiel verwickelt. Dabei kann es sich um Spiele handeln, die explizit als solche verstanden werden (bsw. Gesellschafts- oder Computerspiele), aber auch um Spiele, die uns auf subtilere Art in unsere Alltag oder unserer Arbeit begegnen. Auch wenn nicht jeder Mensch ein „Spielertyp“ ist, ist grundsätzlich jeder über Spielelemente ansprechbar. Doch gehen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten oft unterschiedliche Ziele und Bedürfnisse einher. Eine der größten Herausforderungen eines Game Designers ist es daher, die Eigenschaften des Spielsystems so zu gestalten, dass sie Begeisterung und Engagement bei der anvisierten Zielgruppe hervorrufen. Gelungenes Game Design stellt somit den Spieler ins Zentrum der Analyse und zielt darauf ab, eine „Spielbegegnung“ (gaming encounter) zu kreieren, die eine größtmögliche Kongruenz zu den psycho-ludischen Profilen der Spieler aufweist. Psychografische Ansätze aus dem Game Design stellen explizit das Vergnügen, den Spaß, der Spielerfahrung in den Vordergrund und untersuchen, welche Freuden (vgl. LeBlancs „pleasures“ in Hunicke et al., 2004) oder Triebe (vgl. Chous „core drives“ in Chou, 2014) einen Spieler zum Handeln motivieren.

Eine der ersten und simpelsten, aber auch weit verbreitetsten Einteilungen von Spielertypen ist die Taxonomie von Richard A. Bartle (1996), die er aus der Analyse des Spielerverhaltens in Multi-User-Dungeons (MUD) - einer frühen, textbasierten Form des Online-Rollenspiels - herleitete. Bartle unterteilt Spielertypen im MUD-Bereich grundlegend anhand zweier Grundlegender Spielinteressen. Die erste bezieht sich auf den Umgang des Spielers mit den Inhalten des Spiels. Dabei unterscheidet er einmal den Spielertyp, der es bevorzugt, einfach und direkt auf die Spielobjekte einzuwirken und diese zu beeinflussen (“acting”) von den Spielern, denen es wichtig ist, in tiefere Interaktionen mit der Spielwelt zu treten (“interacting”). Die zweite Unterscheidung trifft Bartle im Hinblick darauf, was einem Spieler an der Spielerfahrung besonders wichtig ist. Erfährt ein Spieler das Spiel größtenteils über das dynamische Verhalten der anderen Mitspieler (“player”) oder steht die Erfahrung der gesamten Spielwelt (“world”) im Fokus der Spielerfahrung. Ausgehend von diesen grundlegenden Spielinteressen beschreibt Bartel in seinem Modell vier unterschiedliche Spielertypen:

  • Killers versuchen, die Spielobjekte störend zu beeinflussen (acting) und suchen gezielt den Konflikt mit der Spielerfahrung anderer Spieler (players).

  • Achievers häufen Statusmerkmale an, indem sie erfolgreich den regelbasierten Herausforderungen der innerhalb der Spielwelt (world) agieren (acting).

  • Explorers setzen sich intensiv mit dem Spielsystem an sich auseinander (interacting), um die gesamte Spielwelt zu erkunden (world).

  • Socializers bauen Beziehungen zu Mitspielern auf (players), die sich innerhalb des Handlungsstrangs der Spielwelt entwickeln (world).

Bild aus: https://gamedevelopment.tutsplus.com/articles/bartles-taxonomy-of-player-types-and-why-it-doesnt-apply-to-everything--gamedev-4173

Trotz oder gerade aufgrund seiner Einfachheit und seines spezifischen Fokus auf MUDs, löste Bartle’s Modell eine rege Diskussion in der Forschungs- und Game-Design-Community los. Es folgten diverse Ansätze zur Spielerkategorisierung wie bspw die der Player-Persona (Dixon, 2011) oder Christopher Bateman’s Framework zum demographic game design (Bateman & Boon, 2005), die im Kern Ableitungen oder Erweiterungen des Bartle-Modells darstellen.  

Die bisher fundierteste und differenzierteste Betrachtung von Spielertypen entstand aus groß angelegter, empirischer Forschung. Basierend auf Daten von über 220.000 Gamern hat Yee (2006) ein empirisches Modell für Spielermotivationen entwickelt, anhand dessen jeder Spieler innerhalb der folgenden Motivationsdimensionen profiliert werden kann:

  • Action: der Spieler findet bspw. Gefallen an Zerstörung und Spannung

  • Social: der Spieler findet bspw. Gefallen an Wettbewerb und Gemeinschaft

  • Mastery: der Spieler findet bspw. Gefallen an Herausforderungen und strategischem Denken

  • Achievement: der Spieler findet bspw. Gefallen an Vollendung und Macht

  • Immersion: der Spieler findet bspw. Gefallen an Phantasie und Erzählung

  • Creativity: der Spieler findet bspw. Gefallen an Gestaltung und Entdeckung

     

 

Bild aus: http://quanticfoundry.com/#iLightbox[81744311af4d97b00d9]/0

Bei der ganzen Theorie ist es wichtig, sich zu erinnern, dass jegliche Modelle rund um die Typisierung von Spielern vor allem dazu dienen, zu verstehen, dass Spiele für tatsächliche Menschen gemacht werden, deren subjektive Spielerfahrung durch ihre Persönlichkeit und psychologische Beschaffenheit beeinflusst wird. Nur aus dieser nutzerzentrierten Perspektive können aus dem Design eines Spielsystems, also der Gestaltung seiner Ästhetik, Dynamiken und Mechaniken, unterschiedliche Genres entstehen, die an die psycho-ludischen Profile der Spieler angepasst sind.

Literatur

Bartle, R. (1996). Hearts, clubs, diamonds, spades: Players who suit MUDs. Journal of MUD research, 1(1), 19.

Bateman, C., & Boon, R. (2005). 21st Century Game Design (Game Development Series). Charles River Media, Inc..

Chou Y. (2016): Actionable Gamification: Beyond Points, Badges, and Leaderboards. Octalysis Media.

Dixon, D. (2011). Player types and gamification. In Proceedings of the CHI 2011 Workshop on Gamification.

Hunicke, R., LeBlanc, M., & Zubek, R. (2004): MDA - A formal approach to game design and game research. In Proceedings of the AAAI Workshop on Challenges in Game AI (Vol. 4, p. 1).

Yee, N. (2006). Motivations for play in online games. CyberPsychology & behavior, 9(6), 772-775.)