Auf dem mühsamen Weg zu einem Bundesarchiv für Brettspiele
Brett- und Kartenspiele als Forschungrundlage der Spielwissenschaft
Anfänge eines Spielarchives
Prof. Dr. Bernward Thole aus Marburg baute das "Deutsche Spielearchiv" in seiner Funktion als Mitgründer und Vorsitzender des Vereins “Spiel des Jahres” (1978-1994) mit dem Anspruch, das “Gedächtnis der deutschen Brettspielbranche” sein zu wollen, ab 1985 auf. Die Brettspielverlage schickten schon damals kostenfrei zur Besprechung und Rezension ihre Spiele an die Jury-Mitglieder und an die Geschäftsstelle des Vereins, die bis 2007 in Marburg war. So begann die Sammlungs- und Archivierungsarbeit von Brett- und Autorenspielen nach 1945.
Sammlung und Geschäftsstelle des Vereins “Spiel des Jahres” werden getrennt
Nachdem die Grundfinanzierung des Archives durch den Verein aufgelöst wurde und die Sammlung privat nicht getragen werden konnte, nutzte Prof. Dr. Bernward Thole seinen Kontakt zum städtischen Spielzeugmuseum in Nürnberg und dem dortigen Leiter Dr. Helmut Schwarz, wo am 15. Mai 2009 der Kulturausschuss dem Ankauf der Sammlung zustimmte (s. Geschichte des Nürnberger Archives).
Zur Finanzierung des sechsstelligen Betrages trugen als Sponsoren die Spielwarenmesse eG, die Nürnberger Sparkasse mit ihrer Zukunftsstiftung sowie auch der Verein “Spiel des Jahres e.V.” bei. Im April 2010 wechselte die Sammlung von Marburg nach Nürnberg.
Spielzeugmuseum Nürnberg unter neuer Leitung
Anfang 2014 übernahm Prof. Dr. Karin Falkenberg die Leitung vom Spielzeugmuseum, nachdem Dr. Helmut Schwarz sich frühzeitig für den Ruhestand entschied. Sie initiierte mit ihrem Team schon nach dem Amtsantritt dann zum 4. und 5. Dezember 2014 den Arbeitskreis “Spielend bewahren”, wo alle größeren Brettspielsammler und Archivbetreiber Deutschlands nach Nürnberg kamen und nach gemeinsamen, verbindenden Aktivitäten für diese eigentlich staatliche Aufgabe zur Sicherung der Medienwerke suchten, die die Deutsche Nationalbibliothek nicht archiviert. Jedoch fand man organisatorisch nicht so zusammen, um zukünftig die Arbeit bündeln oder aufteilen zu können.
Um dieses Thema dann später voranbringen zu können, stellten Prof. Dr. Karin Falkenberg und Tom Werneck (Bayersiches Spiele-Archiv) 2017, zusammen mit Prof. Dr. Jens Junge als Gutachter, den ersten Antrag zur Anerkennung der Brettspielkultur für das Immaterielle Kulturerbe bei der UNESCO.
Trennung von Spielzeugmuseum und Deutschem Spielearchiv
Im Jahre 2018 führt die Stadt Nürnberg eine organisatorische Trennung zwischen Spielzeugmuseum und Spielearchiv ein. An anderer Stelle gehen wird später darauf ein.
Trennung von Förderverein und Spielearchiv
Die von der Stadt Nürnberg formulierten und durchgesetzen anderen “Prioritäten” ließen den Förderverein Spielzeugmuseum Nürnberg e.V. verständnislos zurück. Wünsche zu persönlichen, klärenden Gesprächsterminen mit der zuständigen Kulturbürgermeisterin blieben unbeantwortet. Aufgrund dieser ablehnenden und spürbar negativen Haltung hat sich der Förderverein entschieden, sich auf seine Kernaufgabe, das Spielzeugmuseum, zu konzentrieren und fortan nicht mehr für das Spielearchiv zuständig sein zu wollen.
Rücktritt des Beirats für das Deutsche Spielearchiv
Mit dem Deutschen Spielearchiv eng verbunden waren über viele Jahre als Beirat engagierte Vertreter der Brettspielbranche, die Spielwarenmesse sowie Wissenschaftler. Mit der Kulturhauptstadtbewerbung der Stadt Nürnberg wurde deutlich, dass der Fokus allein auf eine Immobiliensanierung gelegt wurde und das Sammlungs- und Dokumentationsthema des Spielearchives aufgegeben werden sollte, wie die neue Leiterin verkündete. Alle Spiele sollten innerhalb der angestrebten Bauphase für fünf Jahre in Containern eingelagert werden und ein Sammlungsstopp sollte die Zusendung neuer Spiele verhindern. Darüber hinaus wurde an den verbliebenen Mitgliedern des Beirats vorbei ein Konzept für ein “Haus des Spiels” dem Nürnberger Stadtrat vorgestellt, so dass sich verwunderte Mitglieder des Stadtrats an den Beirat wendeten. Neben einem jährlichen kommunalen Zuschussbedarf von über 600.000 Euro ergaben sich gravierende inhaltliche Fragestellungen. Prof. Dr. Max Kobbert, Dr. Ulrich Schädler und Prof. Dr. Jens Junge, die als Wissenschaftler im Beirat verbliebenen waren, traten u.a. nach diesem Vorfall unter Protest von ihrem Ehrenamt zurück. Wozu brauchte es noch einen Beirat, der keine Ratschläge geben darf?
Österreichisches Spielemuseum und weitere Spielesammlungen suchten neue Heimat
Die gewünschten Millionen zur Finanzierung des Immobilienprojektes kamen nicht, Chemnitz mit seinem partizipativen Gesamtkonzept gewann und wurde 2025 Kulturhauptstadt. Just in dieser Zeit suchten jedoch die Sammlungen vom Österreichischen Spielemuseum von Ferdinand und Dagmar de Cassan sowie die Sammlung von Tom Werneck mit dem Bayerischen Spiele-Archiv eine neue Heimat. Alle Sammler und Verlage im deutschsprachigen Raum hatten die Erwartungshaltung und das Selbstverständnis, dass das Deutsche Spielearchiv weiterhin das Gedächtnis der Brettspielbranche sein wollte und wurden jetzt ernüchtert. Die neue Leiterin des Spielarchives in Nürnberg hatte die Übernahmen abgelehnt, wie oben geschildert und im Frühjahr 2020 endgültig ein neues “Sammlungskonzept” für die Stadt Nürnberg verkündet. Doch was nun? (Manche Menschen werfen Jens Junge vor, dieses Trauma bis heute nicht gut verarbeitet zu haben…)
Über eine Lehr- und Forschungssammlung hin zum Bundesarchiv für Brettspiele
Prof. Dr. Jens Junge als Leiter des Instituts für Ludologie in Berlin hat seit 2017 in der alten Skatstadt Altenburg bei Leipzig zusammen mit den Akteuren rund um das dortige Spielkartenmuseum von 1923 im Residenzschloss ein Konzept für eine Spiele-Erlebniswelt erarbeitet. Nach einer möglichen Förderzusage durch den damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in Thüringen, wurde 2019 ein entsprechender Masterplan für ein Gebäude und eine Erlebnisausstellung entwickelt. Daraus entwickelte sich dann das Projekt “Yosephinum - Erlebe die Kraft des Spielens” im alten Parlament. Die Stadt entschied sich, mit dem Thema Spielen ein umfangreiches Stadtentwicklungskonzept anzugehen.
Als Jens Junge fragte, ob die Stadt und das Residenzschloss mit Spielkartenmuseum ihn dabei unterstützen würde, die in Nürnberg abgelehnten Sammlungen aufnehmen zu wollen, kam dort neben der städtischen Zusage noch die Zusage der Organisatorinnen der “Altenburger Spieletage” rund um die Familie Orymek, eine große Schar ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer für ein solches Projekt zur Verfügung zu stellen. Es konnte also losgehen, die Brettspielsammlungen in Altenburg zu vereinen.
Fokus auf zwei wichtige Gründe für das Sammeln von Brettspielen
Brettspiele sind Medienwerke. Sie werden von Spieleautorinnen und Spieleautoren mit einer Urheberleistung erbracht. Illustratorinnen und Illustratoren verleihen den Spielen eine visuell passende Gestaltung. Jedoch ignoriert die Kulturpolitik und damit auch die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) seit Jahren das Sammeln, das Erfassen, das Dokumentieren und das Archivieren dieser Kulturform. Die DNB sammelt alle deutschsprachigen Medienwerke, außer Spiele (s. Pflichablieferungsverordnung von 2008). Spiele haben den kulturpolitischen Status von Akzidenzdrucken, Gelegenheitsdrucken, d.h. Werbeflyern und Werbepostern, Wegwerfprodukten. Dies gilt es zu ändern, um den Spielen und den Autoren endlich die Anerkennung zukommen zu lassen, die es verdienen. Oder um es mit Reinhold Wittig zu sagen: “Spiel kann Buch” - und noch viel mehr. Wie viele Jahre sind Spiele im familiären, privaten Einsatz? Spiele werden vererbt und nicht weggeworfen. Sie sind ein fester Bestandteil der Alltagskultur.
Jens Junge hat sich als Spieleunternehmer (und Hochschulprofessor im Bereich Games) zusammen mit einigen “alten Recken” ab 2014 für die Fusion der damals konkurrierenden zwei Verbände im Bereich der digitalen Spiele (Bundesverband GAME und Bundesverband für Interaktive Unterhaltungssoftware, BIU) eingesetzt. Am 29.01.2018 war es endlich soweit, die Gamesbranche wurde politisch als Ganzes relevant, der game - Verband der deutschen Games-Branche e.V. ist durch die Verbandsfusion ein verlässlicher und ernstzunehmender Gesprächspartner für die Politik geworden. Deutschland will seitdem zu einem international bedeutenden Games-Standort werden. Jeder Game-Designer muss in seinem Studium im ersten Semester ein Karten- oder Brettspiel entwickeln, die mehr als 5.000-jährige Menschheits- und Spieleentwicklungsgeschichte grob verstehen, bevor er irgendetwas prompten oder programmieren darf. Auch die digitalen Games brauchen einen Fundus, eine Lehr- und Forschungssammlung.
Weitere Gründe warum das Sammeln von Brettspielen ein staatlicher Auftrag sein sollte
Brettspiele sind ein wesentlicher Bestandteil der Alltags- und Populärkultur und spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen, ihre Normen, Werte, Einstellungen und Denkweisen als Zeitdokument wider. Dieses kulturelle Erbe gilt es zu bewahren, zu analysieren und zu vermitteln.
Brettspiele sind identitätsstiftend und bieten persönlichkeitsentwickelnde Impulse und Erfahrungen. Physische, motorische, sprachliche, kognitive, emotionale, soziale sowie kulturelle Kompetenzen werden im Spielerlebnis vermittelt.
Manche Brettspiele erscheinen in nur sehr kleinen Auflagen, sie verschwinden oft sehr schnell vom Markt und werden nicht digital dokumentiert. Ohne ein gezieltes Sammeln gingen Regeln und Materialien sowie der kulturelle Kontext verloren.
Staatlich dokumentierte Spielesammlungen in Archiven, Museen oder als Schaudepot ermöglichen einen öffentlichen Zugang. So wie bei der Literatur braucht es auch mindestens einen zentralen Ort in Deutschland für Spiele, wo dies geschieht.
Fazit: Das Sammeln, Erfassen, Dokumentieren und Archivieren von Brettspielen (Autorenspiele) ist eine durch staatliche Institutionen zu erbringende Daseinsvorsorge sowie eine Demokratisierung von Wissen. Sie bewahrt kulturelle Vielfalt, unterstützt Forschung, Bildung und Ausbildung, liefert ein wesentliches Zeitdokument.
Institut für Ludologie übernimmt die Sammlung de Cassan
Österreichisches Spiele Museum übergibt seine Brettspielsammlung nach Deutschland
Brett- und Kartenspiele als Grundlage der Spielwissenschaft
Pressemitteilung vom 07.10.2019: Brettspiele sind Kulturgut. Sie sind ein Spiegel der Zeit, in der sie erschienen sind und gespielt wurden. Spiele sind viel mehr als bloße Unterhaltung. Mit dieser Überzeugung sammelten Ferdinand und Dagmar de Cassan seit Jahrzehnten diese Spiele und betrieben das Österreichische Spiele Museum in der Nähe von Wien. Nach dem Tod von Ferdinand hat jetzt seine Frau Dagmar de Cassan für das Museum eine neue Heimat gesucht und gefunden.
Mit Wirkung zum 1. Oktober 2019 übernimmt das Institut für Ludologie die Sammlung de Cassan und stellt diese mit ihren mehr als 31.000 Unikaten voraussichtlich dem Residenzschloss Altenburg zur Verfügung, wo schon die europäisch größte Spielkartensammlung und das Spielkartenmuseum beheimatet sind. Ein Kooperationsvertrag befindet sich dort in letzter Abstimmung. Damit entsteht die größte internationale Sammlung für Brett- und Kartenspiele in der Stadt, die über eine mehr als 500-jährige Tradition bei der Produktion von Spielkarten besitzt. Diese Sammlung und die damit verbundene, geplante Ansiedlung einer Außenstelle des Berliner Instituts für Ludologie in Altenburg bilden damit ein solides wissenschaftliches und museales Fundament für die vom Residenzschloss geplante und konzipierte zukünftige Spiele-Erlebniswelt "Yosephinum".
Dagmar die Cassan mit dem Foto ihres am 10. März 2017 verstorbenen Mannes Ferdinand und Prof. Dr. Jens Junge
Professor Jens Junge, Direktor des Instituts für Ludologie: "Obwohl das Kultur Spiel inzwischen auf Bundesebene durch den Deutschen Kulturrat anerkannt ist, sammelt die Deutsche Nationalbibliothek leider keine Spiele. Dies überlässt sie kommunalen Einrichtungen und privaten Sammlern. Für eine adäquate wissenschaftliche Bearbeitung des Phänomes Spiel ist jedoch eine umfassende Erfassung und Auswertung des alten und aktuellen Spielangebots notwendig. Aus diesem Grund führt das Institut gerne die Sammlung de Cassan in Altenburg weiter. Darüber hinaus ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Spielearchiv der Stadt Nürnberg geplant, die diese Sammlung nicht übernehmen konnte. Wir sind dem Ehepaar de Cassan für ihr jahrelanges Engagement im Sinne der Brettspiele sehr dankbar, dass sie uns für unsere Arbeit ihre Sammlung des Österreichischen Spiele Museums nach Deutschland übertragen haben."
Dagmar de Cassan, Obfrau des Österreichischen Spiele Museums: „Über vier Jahrzehnte habe ich zusammen mit meinem verstorbenen Ehemann Ferdinand eine vom Umfang und der Qualität her einmalige internationale Sammlung von Brett- und Gesellschaftsspielen aufgebaut und das Österreichische Spiele Museum betrieben. Ich bin sehr froh, dass der Bestand in seinem Gesamtumfang erhalten bleibt und jetzt in Deutschland wohl in Altenburg als Museum und Sammlung über das Institut für Ludologie im Residenzschloss unter fachkundiger Betreuung weitergeführt wird. Brettspiele führen Menschen zusammen, verleihen ihnen soziale und kognitive Kompetenzen, die in einer durch rasante Veränderungen geprägten Zeit an elementarer Bedeutung gewinnen.“
Wien und Berlin, den 07.10.2019
Über das Residenzschloss Altenburg: Das Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg ist ein Teil des städtischen Schloss- und Kulturbetriebes der Satdt Altenburg mit jährlich mehr als 60.000 Besucherinnen und Besuchern. Das Museum dokumentiert die mehr als 500-jährige Geschichte der Spielkartenproduktion in der Region, in der 1813 Skat erfunden wurde. Es verfügt über eine Spielkartensammlung mit über 25.000 Unikaten.
Gedächtnis der Brettspielbranche in Altenburg
Die kommenden Neuerscheinungen der Brett- und Kartenspiele im deutschsprachigen Raum sind von den Verlagen bitte zukünftig zu schicken an das "International Game Museum" (ICOM-Mitglied) und damit an die Lehr- und Forschungssammlung des Instituts für Ludologie, damit das Branchen-Gedächtnis dort archiviert, dokumentiert und im Internet zugänglich gemacht werden kann. In Altenburg wurde diese für Deutschland wichtige Funktion eines "Bundesarchives" übernommen, weil das Deutsche Spielearchiv in Nürnberg im Februar 2020 sein neues Sammlungskonzept veröffentlicht hat, das von dem wichtigen Anspruch für das Kulturgut Spiel abrückte, als Ergänzung zur Deutschen Nationalbibliothek die Mediewerke der Brettspiele möglichst vollständig zu archivieren und zu dokumentieren.
Brettspielverlage schicken bitte ihre Neuerscheinungen als "freiwillige" Pflichtexemplare jetzt nicht mehr nach Wien sondern nach Altenburg, damit dort die Archivarbeit mit einem Vollständigkeitsanspruch auf der Grundlage der österreichischen Sammlung fortgesetzt werden kann:
Institut für Ludologie
c/o Residenzschloss Altenburg
Schloss 2-4
04600 Altenburg
Erreichbar ist die Brettspiel-Datenbank als Bestandsdokumentation für die Recherche unter dem von der Bundesbeauftragen für Kultur und Medien (BKM) geförderten Projekt: www.brettspiele.digital
Um möglichst sämtliche Brett- und Kartenspiele, die von Spieleautorinnen und Spieleautoren sowie Illustratorinnen und Illustratoren seit 1945 in Deutschland erschienen sind, dokumentieren und erfassen zu können, wird der Bestand der Sammlung de Cassan durch weitere physische Sammlungen ergänzt werden, um bisherige Sammlungslücken schließen zu können. Ebenso sind weitere, bestehende Sammlungen die Grundlage für eine digitale Gesamterfassung, auch wenn sie nicht nach Altenburg transportiert werden, dann wird einfach nur der andere Lagerort in der Datenbank angegeben.
Über das Institut für Ludologie: Die Mitarbeiter des Instituts forschen und lehren im Fachgebiet der Spielwissenschaften u.a. an der SRH University Berlin, School of Design and Communication und sind Kooperationspartner des gamelab.berlin der Humboldt Universität zu Berlin und der Plattform spielen.de. Analoge und digitale Spiele gehören zum Lehr- und Forschungsgegenstand. Diese Tätigkeit wird durch die Hoffnung angetrieben und begleitet, dass die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren endlich das Kulturgut Spiel ähnlich anerkennt, wie andere Medienwerke, die von Autorinnen und Autoren sowie Illustratorinnen und Illustratoren erstellt werden und es in den Sammlungskatalog der Deutschen Nationalbibliothek mit aufnimmt. Analoge Spiele bilden die kulturelle Grundlage aus über 5000 Jahren Brettspiel- und Menschheitsentwichlungsgeschichte und damit auch für die aktuellen digitalen Spiele. Wenn die Bundesrepublik zu einem führenden Games-Standort werden möchte, benötigen die Spielwissenschaften diesen Fundus für die Lehre und Forschung.
Vorbereitung und Verpackung der Sammlung de Cassan in Leopoldsdorf bei Wien
Über 31.000 Brettspiele von Wien nach Altenburg zu bewegen, war schon eine logistische Herausforderung, die ohne einen erfahrenen Spediteur mit Gabelstaplererfahrung kaum zu bewältigen gewesen wäre.
Dagmar de Casan und Jens Junge vor der gepackten Brettspielwand im Lager in Leopoldsdorf bei Wien am 18. September 2020
Die Umzugskartons voller Brettspiele wurden aus dem Haus und Lager auf denen draußen im Garten wartenden 34 Europaletten gestapelt
Damit die Kartons sich während der Autofahrt nicht von den Europaletten bewegen können, hat das Helferteam sämtliche 34 Stapel mit Folien umspannt und gespannt
Das Beladen des Sattelschleppers mit den Paletten und ihren überstehenden Kartons war Millimeterarbeit
Ankunft der Sammlung de Cassan in Altenburg
Der erste Sattelschlepper aus Wien mit den ersten 18.000 Spielen kam am 20. September 2020 in Altenburg auf dem Hof des Residenzschlosses an. Nun mussten die Spiele im Kellermagazin verstaut werden. Das ehrenamtlich arbeitende Team der "Altenburger Spieletage" rund um Gabriele Orymek hat sich dieser schweißtreibenden Arbeit zusammen mit einigen Mitarbeitern des Schlosses angenommen.
Das Entladen der Europaletten vom Sattelschlepper war in Altenburg zum Glück auch von der Seite möglich
Florian Voß und Jens Junge freuen sich über die Lieferung auf den Schlosshof des Residenzschlosses Altenburg am 20. September 2020, dem Sitz des Spielkartenmuseums seit 1923
Prof. Dr. Jens Junge freut sich, dass die ersten 18.000 Spiele wohl erhalten in Altenburg angekommen sind
Die Ankunft der Sammlung im Altenburger Residenzschloss wurde durch einige Pressevertreter aufgenommen und dokumentiert. Vom regionalen "Altenburg TV" ist das Video noch online.
ABG.TV, "Fernsehen aus Altenburg", Videoclip: HIER.
Das ehrenamtliche Hefterteam der "Altenburger Spieletage" hat am 20. September 2020 die ersten 18.000 Spiele in Empfang genommen und im Keller des Residenzschlosses verstaut.
Ein weiterer Sattelschlepper bewerkstelligte die zweite Tour. Für die dritte Tour von Wien nach Altenburg wurde ein Sprinter verwendet, um die zahlreichen Fachzeitschriften aus vier Jahrzehnten sowie die Kataloge der Brettspielverlage zu transportieren. Zwischen den COVID-bedingten Pausen fand die Tour erst am 03.07.2021 statt.
Dritte Tour von Wien nach Altenburg am 04.07.2021 für die Fachzeitschriften und Kataloge
In Leopoldsdorf im Marchfeld bei Wien in Österreich betrieb das Ehepaar Ferdinand und Dagmar de Cassan Jahrzehnte lang das Österreichische Spielemuseum. Sämtliche österreichische Kulturinstitutionen haben auf die Bewahrung und Sicherung des Kulturgutes Spiel in ihrem Land nach drei Jahren des Fragens verzichtet, so wanderte die Sammlung nach Altenburg in Deutschland, nachdem auch das Spielearchiv in Nürnberg die Übernahme der Sammlung 2019 ablehnte.
Das Ehepaar Maria und Walter Schranz haben über viele Jahre das Ehepaar Ferdinand und Dagmar de Cassan sehr tatkräftig bei allen Aktivitäten unterstützt, so auch beim Einpacken und dem Abtransport der Sammlung aus Leopoldsdorf
Tour 4 von Wien nach Altenburg mit der 7,5-Tonnen-Kiste durch die Innenstadt
Nach zwei Sattelschleppern und einem Sprinter stand nun (endlich) am 25.03.2023 die vierte und letzte Fahrt von Wien nach Altenburg an. Die restlichen Spiele in Umzugskartons ohne Verladung auf Europaletten sowie der spielwissenschaftlichen Literatur, zahlreiche Bücher, machten sich auf den Weg durch die Wiener Innenstadt (Achtung: Da gibt es Brücken, die hängen so tief, dass solche Laster nicht durchpassen) nach Altenburg in Thüringen.
Stiftung Spielen übernimmt die Sammlung Gaby und Peter Neugebauer
Mehr als 10.000 Brett- und Kartenspiele machen sich auf den Weg von Oberhausen nach Altenburg
Der Journalist Peter Neugebauer hat über vier Jahrzehnte die Rezensionsexemplare, die er von Brettspielverlagen zugeschickt bekommen hat, gesammelt und privat arichviert. Dabei sind über 10.000 Spiele zusammengekommen.
Auf der SPIEL Essen 2023, dem Branchentreffpunkt des Jahres, hat mir Peter auf der Eröffnungspressekonferenz von seinem Entschluss erzählt, seine Sammlung übergeben zu wollen. Zusammen mit Tom Werneck vom Bayerischen Spiele-Archiv haben wir die Optionen besprochen, erörtert, abgewogen und angefangen zu planen.
Dagmar de Cassan hatte mit dem Österreichischen Spiele Museum über 31.000 Brettspiele zur Lehr- und Forschungssammmlung nach Altenburg gegeben. Viele Verlage haben ihre Neuerscheinungen der letzten 40 Jahre nach Österreich geschickt und viele Spiele haben Ferdinand und Dagmar auf all den Spielemessen und Spielefesten direkt vor Ort eingesammelt, aber eben nicht alle. Gab es vielleicht doch Sammlungslücken? Im März 2024 haben wir zusammen die Pläne für die Übergabe in Oberhausen geschmiedet (s. Foto).
Prof. Dr. Jens Junge zusammen mit Gaby und Peter Neugebauer in Oberhausen am 15. März 2024 bei den Detailplanungen zur Übersiedlung der Sammlung nach Altenburg
Als langfristiger Träger der Sammlung hat die 2023 formal gegründete Stiftung Spielen diesen Schatz übernommen, weil die zusammgetragenen Brettspielsammlungen inzwischen eine Archivfunktion mit bundesweiter Bedeutung in Altenburg übernommen haben, die weit über eine reine Lehr- und Forschungssammlung mit Hochschulbezug hinaus ragt und die eigentlichen Aufgaben einer Deutschen Nationalbibliothek (DNB) für deutschsprachige Medienwerke wahrgenommen werden. Politisch hat sich diese Aufgabe bisher leider nicht bei der DNB durchsetzen lassen. In der aktuell gültigen Pflichtablieferungsverordnung (PflAV) von 2008 steht weiterhin drin, dass die DNB eigentlich alles sammelt, außer, s. Punkt 14: Spiele (!).
Damit verletzt die Bundesrepublik Deutschland weiterhin die Urheberrechte der Autorinnen und Autoren, ebenso wie die der Illustratorinnen und Illustratoren (s. Spiele-Autoren-Zunft, SAZ), sie kommt ihrem Auftrag zur Erfassung und Dokumentation der Medienwerke nicht nach. Diese Funktion muss weiterhin privat wahrgenommen werden, bis die Bundespolitik sich diesem kulturpolitsichen Defizit annimmt. Und um dort eine pragmatische Lösung langfristig anbieten zu können und diese kulturpolitische Lücke zu schließen, hat sich die Stiftung Spielen dieser Aufgabe angenommen.
Peter Neugebauer hat die Aufgabe übernommen, all seine Spiele in die gelieferten Umzugskartons einzupacken und die Kartons zu nummerieren und zu fotografieren. Zum einen ist damit die Sammlung fotografisch dokumentiert und durch das Weiterleiten der Fotos per WhatsApp an Dagmar nach Wien, konnte sie in ihrer Datenbank (https://www.brettspiele.digital/) überpürfen, welche Spiele Doubletten sind und welche Unikate sind, die das Gesamtarchiv in Altenburg elementar ergänzen. Es gab doch ein paar Sammlungslücken. Zum anderen ist damit die Grundlage dafür geschaffen, dass beim Auspacken in Altenburg sofort klar ist, welche Spiele wohin sortiert werden sollen.
Abholung der Brettspiel-Sammlung in Oberhausen
Als Abholtermin war der 18. Mai 2024 fixiert. Zwei Tage nach der Verleihung der Urkunde zur Aufnahme der "Deutschen Brettspielkultur" auf die thüringische UNESCO-Landesliste für das Immaterielle Kulturerbe in Erfurt. Aus der Theorie gleich in die schweißtreibende Praxis. Für den Transport der ersten 510 Kartons musste ein 7,5-Tonner Lastwagen zum Einsatz kommen. Wie viele Kartons in den Wagen passen würden konnten wir vorher nur erahnen und laienhaft kalkulieren (s. Foto).
Noch ist der 7,5-Tonnen-Laster recht leer und füllt sich langsam. Jens Junge freut sich, dass es los geht und spekuliert, wie viel wohl reinpasst?
Ein solcher Umzug ist nur mit einem flinken Helferteam zu bewerkstelligen, um alles in einer angemessenen und planbaren Zeit realisieren zu können.
Das Helferteam in Oberhausen holt die vorgepackten ersten 510 Umzugskartons voller Spiele vom Dachboden, aus dem Keller sowie aus der Garage, um sie zum Lastwagen (7,5-Tonner) zu tragen.
Fertig! Die ersten 510 Umzugskarton voller Spiele sind Dank des Helferteams vor Ort auf dem Laster und abfahrbereit für die erste Fahrt von Oberhausen in Nordrhein-Westfalen nach Altenburg in Thüringen.
Ankunft der Sammlung Gaby und Peter Neugebauer in Altenburg
Das ehrenamtliche Team der "Altenburger Spieletage" um Gabriele Orymek freut sich, die von der Sammlung Gaby und Peter Neugebauer ersten 510 Umzugskartons aus dem LKW ins Haus (2. Stock) rausgetragen zu haben
Presseberichterstattung über das Verschenken der Brettspiel-Sammlung
Peter Neugebauer als Presseprofi hat einigen seiner Kollegen Bescheid gegeben, dass er seine Sammlung auf Reisen schickt und so entstanden zu dieser Aktion einige Presseberichte.
WAZ-Artikel vom 22.05.2024
Online-Artikel bei der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung), leide hinter einer Bazahlschranke: HIER.
Video der WDR Lokalzeit auf Facebook am 17.06.2024
Link zum Video der WDR Lokalzeit auf Facebook: HIER.
Die Hoffnung, alle Spiele und sämtliche Bücher, Zeitschriften und Kataloge in zwei Touren mitzubekommen, zerschlugen sich schnell. Der eigentlich vorgesehene große LKW stand bei der Autovermietung nicht zur Verfügung. Es bliebt nur, einen spontan einen kleineren Umzugswagen zu nehmen. Am 16.08.2024 startete die zweite Tour mit einem Sprinter. Schneller beladen, schneller gefahren und schneller ausgeladen, aber sehr viel weniger Volumen.
Ein voller Sprinter für die zweite Tour von Oberhausen nach Altenburg am 16.08.2024 mit dem Helferteam vor Ort zum Beladen
Entladung in Altenburg der Sammlung Peter Neugebauer am 17.08.2024
Mit dem dritten LKW aus Oberhausen sollte nun auf jeden Fall alles mitkommen, so wurde es wieder ein 7,5-Tonner. Am 31.10.2024 startete die Beladung. Für das Entladen des großen Lasters kamen dann zum Glück in Altenburg wieder zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer von den Alternburger Spieletagen rund um Gabriele Orymek zusammen und durch Zufall war der Termin so gelegt, dass auch abends nach einem Seminar in Altenburg und einem eigentlichen "Feierabend" auch Christina Valentina-Branth von der Brettspielakademie mit anpacken und so das Kulturgut Spiel in Bewegung aktiv mit feiern konnte (s. Spiel Ogallala).
Helferteam vor Ort in Altenburg am 01.11.2024 nach dem Ausladen der 3. Tour aus Oberhausen von der Sammlung Gaby und Peter Neugebauer
Stiftung Spielen übernimmt die Sammlung Klaus Teuber
Die Söhne des verstorbenen, bekannten Spieleautors übergeben die Sammlung von Roßdorf nach Altenburg
Der sehr bekannte Spieleautor Klaus Teuber ist überraschend im Alter von 70 Jahren am 1. April 2023 verstorben. Seine beiden Söhne Benjamin und Guido führen die Catan-Firma weiter und haben in ihrem elterlichen Haus in Roßdorf bei Darmstadt die Sammlung ihres Vaters in Umzugskartons verpackt. Die Sammlung wurde am 1. Juli 2024 an die Stiftung Spielen übergeben, die diese nach Altenburg in Thüringen überführt hat, um dort die Lehr- und Forschungssammlung des Instituts für Ludologie zu ergänzen sowie für die kommende Spiele-Erlebniswelt "Yosephinum" einen Fundus für Ausstellungen bereitzustellen.
Die Brüder Benjamin und Guido Teuber vor dem Verladen der Spiele-Sammlung ihres Vaters in Roßdorf bei Darmstadt
Das ehrenamtliche Helferteam der "Altenburger Spieletage" rund um Gabriele Orymek vor dem ausgeladenen Laster in Altenburg mit einigen seltenen Sammlerdeditionen aus der Cata-Welt am 1. Juli 2024
Stiftung Spielen übernimmt die Sammlung Uwe Petersen
Das Baden-Württembergische Spielearchiv reist mit mehr als 14.000 Spielen von Hagnau am Bodensee nach Altenburg
Uwe Petersen war Spiele-Rezensent und wurde so in die Jury Spiel-des-Jahres 1984 berufen. Dort war er bis 2006 aktiv und sogar von 2004-2006 ihr Vorsitzender (s. Meldung im BuchMarkt von 2004). In dieser aktiven Zeit hat er das Baden-Württembergische Spielearchiv aufgebaut und viele Spieleevents in Stuttgart mitorganisiert. Dieses Archiv hat die Stiftung Spielen im November 2024 angefangen, mit einem Bestand von über 14.000 Brettspielen zu übernehmen.
Uwe Petersen hatte als langjähriges Jury-Mitglied andere Spiele zur Begutachtung erhalten, als der Journalist Peter Neugebauer oder das Ehepaar de Cassan in Wien. Somit wurden erneut einige Sammlungslücken für den Brettspielbestand eines Deutschen Nationalarchives oder eines Bundesarchives für Brettspiele geschlossen und die Dubletten werden wieder in den Fundes der Spiele-Erlebniswelt Yosephinum und deren Game Lounge zum Bespielen gehen sowie in ein geplantes Schaudepot.
Rathaus Hagnau am Bodensee (Seeseite) mit dem (eingelagerten) Baden-Württembergischen Spielearchiv von Uwe Petersen
Uwe Petersen (links) mit dem Helferteam der Fußballmannschaft vom RSV Hagnau 1948 e.V.
Die "Kiste" für die erste Lieferung von Hagnau am Bodensee nach Altenburg
Jens Junge und ein voller Laster aus Hagnau am Bodensee kommt nach Altenburg
Helferteam um Gabriele Orymek und den Altenburger Spieletagen: "Laster leer"
Als Helferteam in Hagnau am Bodensee waren beim Einladen Mitglieder des Fußballvereins RSV Hagnau 1948 e.V. fleißg dabei, die Spiele vom Rathaus über mehrere Treppen in den 7,5-Tonnen Lastwagen zu transportieren. Und in Altenburg waren wieder die Helferinnen und Helfer der Altenburger Spieletage rund um Gabriele Orymek beim Ausladen aktiv dabei.
Für die zweite Tour ab Hagnau am 10.01.2025 wurde der 7,5-Tonner LKW vom Helferteam der "Schule Schloss Salem" (gegründet vom Reformpädagogen Kurt Hahn 1920) gefüllt und einen Tag später wieder vom Helferteam der Alternburger Spieletage ausgeladen. Insgesamt der 10. LKW, der für die Archivierungs- und Dokumetationsarbeit für die Medienwerke "Brettspiele" nicht nur die Lehr- und Forschungssammlung auffüllt, sondern damit die Grundlage mit inzwischen über 62.000 Brettspielen (und ca. 45.000 Kartenspielen) für ein wohl so gut wie vollständiges Bundesarchiv für Brettspiele legt, als Ergänzung zur Deutschen Nationalbobliothek.
Helferteam von der "Schule Schloss Salem" (10. und 11. Jahrgang) in Hagnau am Bodensee mit Uwe Petersen (hinten links stehend): Laster voll.
Helferteam in Altenburg von den Altenburger Spieletagen rund um Gabriele Orymek (vorne rechts): Laster leer.
Der dritte und letzte LKW fuhr am 20. und 21. Mai 2025 von Hagnau am Bodensee das ehemalige “Baden-Württembergische Spielearchiv” nach Altenburg bei Leipzig. Wieder halfen die Schüler aus Salem Uwe Petersen und Jens Junge beim Beladen des Lasters.
Jens Junge (links), Helferteam vom Schloss Salem und Uwe Petersen (rechts) im Mai 2025
Diese Fahrt brachte jedoch eine ungeahnte neue Herausforderung auf die Tagesordnung, weil der gemietete IVECO-Laster nach einem Zwischenstopp in Fürth mit seiner fehlerhaften Elektronik auf die Idee kam, nur noch maximal 26 km/h fahren zu wollen. (Die “beruhigende” Information bei der Autovermietung: "Den Fehler hat der italienische IVECO öfter." Aha.) So musste die gesamte Ladung in Fürth mit den helfenden Händen von Maxie Pellengahr und Noah Glas in einen funktionstüchtigen LKW umgeladen werden, der zum Glück gerade unvermietet dort noch zur Verfügung stand, um noch rechtzeitig bei dem pünktlich bestellten Ausladeteam abends in Altenburg ankommen zu können.
Das ehemalige “Baden-Württembergische Spielearchiv” ist nun vollständig in Altenburg (Thüringen) bei Leipzig angekommen. Das Helferteam von den Altenburger Spieletagen rund um Gabi Orymek (rechts) hat den Laster wieder leer bekommen.
Auch diese Sammlung von Uwe Petersen wird als Fundus dazu beitragen, dass das “Yosephinum”, die Spiele-Erlebniswelt, auf einen reichhaltigen Brettspielschatz zurückgreifen kann.
Baustelle Josephinum auf dem Weg zum Yosephinum - Spiele-Erlebniswelt, Stand Januar 2025
Übernahme der Sammlung Werneck durch die Stiftung Spielen
Das Bayerische Spiele-Archiv kooperiert mit den Sammlungen in Altenburg
Am 17.05.2025 war es endlich soweit, was 2019 begann. Tom Werneck hat im Rathaus der Stadt Haar bei München seine Promotionsurkunde im Alter von 85 Jahren erhalten. Anlässlich dieser feierlichen Übergabe zur wissenschaftlichen Analyse der Entwicklung des modernen Brettspiels hat die Stiftung Spielen den materiellen Teil seines Lebenswerkes durch seine beiden Söhne Dr. Till Werneck und Fabian Werneck offiziell übernommen.
Prof. Dr. Karin Falkenberg, Dr. Tom Werneck, Prof. Dr. Veronica Biermann, Prof. Dr. Jens Junge am 17.05.2025 bei der Promotionsfeier des ältesten Doktoranden in Bayern
Das Bayerische Spiel-Archiv hat Tom Werneck parallel zu Prof. Dr. Bernward Thole in Marburg aufgebaut. Augenzwinkernd wurde damals formuliert: “Falls mal ein Atomschlag kommt… wäre ein Redundanzarchiv hilfreich.” Beide sind Gründungsmitglieder der Jury “Spiel des Jahres” von 1978 und haben über Jahrzehnte von den Brettspielverlagen kostenfrei die Neuerscheinungen zugeschickt bekommen. Seit 1996 unterstützt die Gemeinde Haar (inzwischen zur Stadt erhoben) das Bayerische Spiel-Archiv und stellt die Lagerflächen kostenfrei sogar mit Betreibskostenübernahme zur Verfügung. Entfeuchter verbrauchen leider viel Strom.
Till und Fabian Werneck übergeben die Sammlung Werneck an Jens Junge von der Stiftung Spielen, hier symbolisch mit den Klassikern “Twixt” von Alex Randolph und “Acquire” von Sid Sackson
Die Sammlungsbestände in Altenburg bei Leipzig mit insgesamt über 62.000 Brettspielen und in Haar bei München mit ca. 20.000 Spielen (Stand Mai 2025) bilden damit ein solides Fundament, um dem Anspruch einer Deutschen Nationalbibliothek für Brettspiele gerecht zu werden, die ihre Bücher ebenso an zwei Standorten in Frankfurt am Main und in Leipzig archiviert. Das Archiv in Bayern ist mit seinen zahlreichen Dubletten als Redundanz- aber auch als Ergänzungsarchiv für Altenburg in der Betreuung des “Bayerischen Spiele-Archiv e.V.” mit seinen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aktiv und öffentlich zugänglich.
Im Archiv zeigt Jens Junge dem frisch promovierten Dr. Tom die SpielBox-Ausgabe von 1983, wo das erste PC-Spiel der Schlümpfe auf dem Titelbild abgebildet war, warum er sich damals dort als Verlagskaufmann beworben hatte (ja, die SpielBox hat bis zu dieser Ausgabe damals noch Computerspiele rezensiert und besprochen, Atari, Sony, Commodore etc. waren das letzte mal Anzeigenkunden)
Selbstverständlich wäre es für Jens Junge, nicht nur als Hybrid-Spieler von Brett- und Computerspielen sowie Mobile Games, ein erstrebenswertes Ziel für die Spielwissenschaft und Spielforschung, damit auch internatfür die Stiftung Spielen, dass alle Bestände der großen Sammlungen, auch derer in Nürnberg und in Chemnitz sowie die Internationale Computerspiele-Sammlung (ICS) in Berlin zumindest innerhalb einer Datenbank online gemeinsam frei zugänglich sind und nach wissenschaftlichen Kriterien optimal mit ihren Beständen verschlagwortet, damit sie ideal gezielt zu durchsuchen sind. Darüber hinaus sind aber auch die physischen Exemplare jeweils vor Ort spielbar und nutzbar und in einem Schaudepot zugänglich. Dazu ist noch einiges zu tun.
Verwendung der Spielesammlungen: Auf dem Weg zum Bundesarchiv für Brettspiele
Drei neue Spiele-Projekte für die Stadt Altenburg seit 2017
Die Stadt Altenburg ist als Stadt des Skatspiels bekannt. Das Spiel wurde 1813 im Altenburger Land zwei Wochen vor der Völkerschlacht bei Leipzig das erste mal urkundlich als "Scat" auf einer Spielauswertungsliste erwähnt und muss ab da seinen Siegeszug in zahlreiche deutsche Kneipen und Gaststädten angetreten haben, verbunden mit der Idee, der Fiktion von einer Zeit ohne Feudalismus und adlige Herren, erfüllt von der Sehnsucht nach einer neuen Gesellschaftsform. Im Spiel gibt der Bube (der Unter im Deutschen Blatt) "Trumpf" an, ist die höchste Karte. Der König hat nichts (mehr) zu sagen.
Aus der Skatstadt wird die Spielestadt
Spiele sind Zeitdokumente. Brett- und Kartenspiele vermitteln Weltbilder. Sie sind, wie jedes Spielzeug, ein Dialog mit der Welt. Sie prägen Gesellschaften, sie sind erfundene Ordnungen mit regulativen Ideen, so wie jede Gesellschaftsform, wie jede Religion. Spiele prägen aber auch schon jede kindliche Entwicklung, gestalten Persönlichkeiten und formen Charakterzüge. Spielkompetenzen bilden die Grundlage für eine arbeiteilige komplexe Gesellschaft und Spielkompetenzen sind die Grundlage für jede funktionierende demokratische Gesellschaft.
“Team Altenburg” v.l.n.r.: Jens Junge (Institut für Ludologie), Sarah-Ann Orymek, Gabriele Orymek (Alternburger Spieletage), Toni Janosch Krause (Spielkartenmuseum), Florian Voß (Yosephinum - Spiele-Erlebniswelt)
Fortsetzung folgt.